Eigentlich hatte Jürg Randegger seinen Abschied von der Bühne schon 2002 gegeben – als das Cabaret Rotstift in Schlieren zur Dernière lud. Doch bekanntlich soll man «niemals nie sagen».
Christian Jott Jenny, Operntenor, Theaterproduzent und Gemeindepräsident mit dem feinen Gespür für zeitlose Erfolgsgaranten, überredete Randegger gleich dreimal zum Comeback: 2015 für das Programm «Rotstift Reloaded», drei Jahre später («zum allerletzten Mal») für die Neuinszenierung der «Zürcher Balladen» (Trittligass) und im vergangenen Sommer dann nochmals bei gleicher Gelegenheit in Zürichs Altstadt.
In der Open-Air-Vorführung war Randegger der heimliche Star – auch weil er sich selber spielte: unaufdringlich, leise, pointiert und mit viel Schalk und Charme.
Seine Geschichte in der Schweizer Showszene hatte vor rund sieben Jahrzehnten begonnen. An der Seite von Werner von Aesch, Max Bürgi, Röbi Lips und Heinz Lüthi zählte Randegger danach zu den Hauptdarstellern des Cabaret Rotstift, das ursprünglich von Lehrern aus Schlieren gegründet worden war, um Kindern von minderbemittelten Familien ein Skilager zu finanzieren.
Doch lange mochte Randegger diesem Erfolg nicht trauen. Obwohl er schon 1954 mit Jörg Schneider das Cabaret Äxgüsi gegründet und sich schnell in die Herzen der Zuschauer gespielt hatte, bezeichnete er sich immer als «Amateur». In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger sagte er: «Ich war ein Leben lang Primarlehrer; das mit dem Cabaret waren Zufälle. Ich rechnete schon 1964 an der Höschgasse damit, dass das mein letzter Auftritt sei. Dann suchten die Rotstifte einen Nachfolger für Fredy Lienhard. Und ich konnte Kabarett spielen.»
Dieser Konstellation verdankt die Schweiz einige der populärsten Nummern – beispielsweise den «Skilift», in dem Randegger und Co. das machten, was sie besser konnten als alle anderen: die Komik des Alltäglichen und des Normalen ins Scheinwerferlicht zu befördern und dem Publikum subtil den Spiegel vorzuhalten – ohne belehrend zu wirken.
Auf die Frage nach den wichtigsten Qualitäten eines Kabarettisten sagte Randegger: «Du musst die Freude und die Frechheit haben, um vor die Leute zu stehen. Und das Feeling für Pointen.» Er sei schon im Lehrerseminar zum Unterhaltungschef verknurrt worden. Damals habe er das Sakrileg begangen, statt einer Schülerproduktion ein Kabarett aufzuführen. So sei er mit Jörg Schneider in Kontakt gekommen.
Randegger, ein grosser Fussballfan und bekennender Anhänger des FC Zürich, wurde auch zum Gesicht einer der populärsten Schweizer TV-Sendungen – des «Samschtig-Jass». Zwischen 1975 und 1999 moderierte er das Format über 400 Mal. Dann zog er einen Schlussstrich. Gegenüber der Fernsehzeitschrift Tele sagte er vor dreieinhalb Jahren: «Ich glaube, ich war der erste Moderator, der eine erfolgreiche Sendung freiwillig abgegeben hat.»
Ein Grund, aufzuhören, war wohl, dass insbesondere die Sommerausgabe der Sendung für seinen Geschmack mit der Zeit zu gross angerichtet wurde. Auch wenn es Randegger nie so gesagt hätte, konnte er nichts damit anfangen, dass sich der «Donnschtig-Jass» mehr und mehr vom reinen Jass-Format entfernte und zu einem Gemischtwarenladen der Fernsehunterhaltung wurde.
Randegger brauchte diese Selbstinszenierung nicht. Lieber traf er sich mit seinen Kollegen in der «Frohen Aussicht» in Zumikon zu einem Schieber. Dass er sich von Chrstian Jott Jenny doch zu einem Bühnen-Comeback motivieren liess, war nicht zuletzt für das Publikum ein Segen. So durfte man nochmals erleben, dass im oft überhitzten und lauten Medien- und Showgeschäft auch mit leisen Töne grosse Wirkung zu erzielen ist.
Leider kann uns dies Jürg Randegger nicht mehr beweisen. Am 19. Dezember fiel sein letzter Vorhang. Die Schweiz trauert um einen der letzten grossen Kabarettisten, um eine wunderbare Persönlichkeit und um einen liebenswürdigen Menschen.
Randegger hinterlässt seine Ehefrau Susanne und seine zwei Kinder – und ganz viele traurige Freunde und Fans.
Emil-Niveau, grosse Klasse!
Die Welt wird mit jedem der im letzten Jahrhundert grossartiges geleistet hat und nun abberufen wird, ärmer und ärmer. Was die heutige Zeit zu bieten hat, wird die Qualität der Vergangenheit nie einholen können!
Ich erinnere mich mit grosser Freude an die Samschtig Jasss-Sendungen mit Jürg Randegger. Einfach Kult. Zuerst habe ich mir damals auf TSR 5 de der, den welschen Samschtig-Jass angesehen, dann gerade anschliessend Jürg Randegger, Göpf Egg, etc. Einfach toll. Und immer Randeggers Humor. Und die Jass-Problem-Sketches mit Werni, etc. Wahnsinn. Da können all die heutigen "Komischen" einfach nur noch einpacken. RIP Jürg Randegger. Sie haben vielen Menschen Freude bereitet - dafür merci beaucoup.