Die Entscheidung ist gefallen: Fast 77 Jahre nach den ersten Maitagen 1945 werden deutsche Panzer wieder russische Soldaten töten. Und Soldaten anderer Nationen des Vielvölkerstaats. Die ukrainischen Besatzungen werden bereits ausgebildet – in Deutschland.

Die Symbolik liegt auf der Hand, jedenfalls aus russischer Sicht. Schon 1990 musste Michail Gorbatschow sein Vertrauen in ein friedliches, versöhntes Deutschland gegen heftigen Widerstand der Kreml-Hardliner durchsetzen. Fünf Monate nach seinem Tod fühlen sich die Zweifler bestätigt.

Mit dem Ukas des Bundeskanzlers hebt Deutschland den Ukraine-Krieg auf ein neues Niveau. Schliesslich geht es nicht nur um deutsche Bestände.

In russischen Medien ist die Rede von bis zu hundert «Leopard»-Panzern aus mehreren Ländern, deren Lieferung nach Olaf Scholz’ Kanzlerwort nichts mehr im Wege steht. In Moskau wird auch ein Bericht der Washington Post vermerkt, demgemäss die USA die von ihnen zugesagten dreissig M1-Abrams ab Werk bestellen – die erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive wird sich also auf deutsche Panzer stützen.

Putins Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Berliner Entscheidung als den russisch-deutschen Beziehungen nicht dienlich. Das dürfte untertrieben sein.

Die russischen Agenturen zitieren auch kritische Kommentare aus dem deutschen Netz; in Russland weiss man sehr wohl, dass die Eskalationspolitik der Berliner Regierung in der Bevölkerung keine Mehrheit besitzt.

Doch auch das ändert nichts daran, dass die russischen Hoffnungen auf einen eigenständigen geopolitischen Kurs der Westeuropäer endgültig zerplatzen. Zugleich festigt sich die Überzeugung, die USA und ihre Verbündeten hätten ein einziges Ziel: Russland bis zur Handlungsunfähigkeit zu schwächen.