In Politik und Medien ist man sich weitgehend einig: Die Schweiz hat sich der Nato anzunähern, und Sanktionen gilt es zu übernehmen. Die bisherige Neutralität? Sie hat ausgedient. Ob das auch die Stimmbürger so sehen? Das wird sich zeigen. Spätestens bei der Abstimmung über die Neutralitätsinitiative, die kürzlich eingereicht worden ist.
Die Neutralität steht zwar seit längerem unter Beschuss. Doch die Intensität der Angriffe dürfte vor dem Hintergrund der kommenden Abstimmung noch zunehmen. Einen ersten Vorgeschmack bekommt man gerade in Echtzeit zu sehen.
In welche Richtung der publizistische Wind in nächster Zeit blasen wird, haben am Mittwoch gleich zwei gewichtige Schweizer Tageszeitungen verdeutlicht. Voran gehen NZZ-Chefredaktor Eric Gujer und die Journalistin Joëlle Kuntz in Le Temps.
Für Ersteren kann die Schweiz gar nicht genug machen im Kampf gegen die autoritären Machthaber im Osten. Bern habe «einen aktiven Beitrag» gegen «Putin und Konsorten» zu leisten, so Gujer, der für eine «moderne Neutralitätspolitik» plädiert.
Das heisse zwar auch, «keine Bündnisverpflichtungen» einzugehen. Doch dann ist schon fertig mit der Neutralität für Gujer. Über Waffenlieferungen hat laut dem starken Mann an der Falkenstrasse die Regierung zu entscheiden – «gemäss Staatsräson».
Wer definiert diese eigentlich? Fragen über Fragen. Antworten darauf hat auch Joëlle Kuntz nicht. Sie weiss aber: «Man muss einen Teil der wirtschaftlichen Unabhängigkeit opfern, um an der kollektiven Bestrafung von Kriegstreibern teilzunehmen», so die Journalistin in Le Temps.
In der Zeitung übt regelmässig auch Alt-Botschafter François Nordmann Kritik an der Neutralität und deren Befürwortern wie etwa Alt-Botschafter Georges Martin, der jüngst in seinem Buch «Une vie au service de mon pays» die Nato-Anbindung und die Neutralitätsmüdigkeit der politischen Eliten in Bern tadelte.
Ein Unding für Nordmann, der sich fragte, warum «dieser intelligente, offene, sympathische, humorvolle und selbstironische Diplomat und Schriftsteller» auch noch mit weiteren Ex-Botschaftern ausgerechnet in der Weltwoche kürzlich Kritik an Bundesrat Ignazio Cassis’ Aussenpolitik zum Ausdruck brachte.
Die Antwort könnte eindeutiger nicht sein. Martin geht es um die Sache, wie er in seiner Replik in der Mittwochsausgabe von Le Temps ausführte. Ihn erinnert das Vorgehen von Nordmann, der ihn mit der SVP und der Weltwoche in Verbindung brachte, an eine «Methode» aus den 1930er Jahren. Neudeutsch Kontaktschuld. Es ist höchste Zeit für Argumente. Die Kontaktschuld hat ausgedient.
Unsere Parlamentarier, die Bundesräte, die zuarbeitende und subventionierte Presse sind keine Ehrenamtlichen Würdenträger und ihr einziges Ideal ist das Geld und damit ihr Machtgefühl. Es ist ein Haufen perverser Betrüger und Lügner und alle sind Windfahnen. Somit entsteht zwangsläufig die Geschichte die kommen muss.
Ist diesen Befürwortern des „Ueberall-Mitmachens“ jemals der Gedanke gekommen, dass sie ohne diese - heute offenbar unnötige - Neutralität vielleicht gar nicht auf der Welt wären?
"1984" ist schon die genialste Darstellung eines totalitären Staats. Im Gegensatz zum fiktiven Feindbild "Emmanuel Goldstein" existiert und lebt die Weltwoche reell. Das Krieggeschrei, die Hassminuten und die kollektiven Kriegskundgebungen im Radio (Medien) gibts auch reell.