Es gehört zu den interessanten Phänomenen der Gegenwart, dass ausgerechnet in den Hochburgen von Wissenschaft und Forschung der westlichen Welt die Überwindung (man könnte auch sagen: Überwältigung) der Wirklichkeit am rasantesten voranschreitet.

Weil Wunschwelten die schönsten sind, können Trans-Personen nicht mehr nur die biologischen Geschlechter in Frage stellen, sie können nach einem wegweisenden Beschluss des Kölner Oberlandesgerichts (OLG) auch Transsexuelle nach Belieben nachträglich in den Lauf der Geschichte einfügen. Ein transzendenter Meilenstein, mit dem die Menschheit die lästige Bleischwere von Fakten ein weiteres Stück hinter sich lassen kann.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit der Berliner Biologin Marie Vollbrecht, die sich dagegen gewandt hatte, dass Transsexuelle sich als Opfer des Holocaust stilisieren, obwohl es diese sexuelle Kategorie damals noch gar nicht gab. Trans-Aktivisten hatten ihr daraufhin vorgeworfen, NS-Verbrechen zu leugnen.

Das Gericht stellt nun fest, dass die Biologin dies definitiv nicht tue und man ihr gegenüber diesen Vorwurf auch nicht erheben dürfe. Es sei denn (!) – man ist Teil der Trans-Aktivistenblase. Was absurd klingt, ist es auch, denn das OLG gesteht den Opfergruppen des Nationalsozialismus damit zu, nicht länger «nur» der Geschichtswissenschaft folgen zu müssen, sondern verstärkt auch aktivistische Begriffsbildung betreiben zu dürfen.

Wer sich – wie ich in meinem neuen Buch «Generation Gleichschritt» (Fontis-Verlag) – fragt, auf welchen verwinkelten Wegen faktenfreier Irrsinn die hochentwickelten Gesellschaften des Westens infiltriert, wird immer öfter auch bei Richtern und Gerichten fündig, die ihr eigenes Aktivistentum in Form solcher Urteile zum sogenannten Richterrecht gerinnen lassen.

Wer demnächst der Behauptung widerspricht, Hermann der Cherusker sei ein früher Vorkämpfer für Trans-Rechte gewesen, sollte sich vor dem OLG Köln in Acht nehmen und könnte unversehens als Trans-Leugner am juristischen Pranger stehen.

Ralf Schuler ist Politikchef bei Rome Medien und betreibt auf Youtube den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch heisst «Generation Gleichschritt» (Fontis-Verlag, Basel)

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.