So unverfroren muss man erst einmal sein. Erst ändert man das deutsche Staatsbürgerrecht: Statt wie bisher acht Jahre reicht es nun aus, fünf Jahre in Deutschland zu leben, um einen Einbürgerungsantrag zu stellen. Und weil sich Unmut regt und eine Mehrheit der Menschen diese Reform nicht will, organisiert man gleichzeitig Demos gegen jene Partei, die am entschiedensten gegen diese Gesetzesänderung ist.

Natürlich ist es unerfreulich, wenn man als Regierung mit einem zumindest teilweise uneinsichtigen Volk zu tun hat, das nicht einsieht, wie modern und fortschrittlich das Staatsbürgerrecht ist, das man gerade beschlossen hat. Doch den Protest gegen die eigenen Beschlüsse zu delegitimieren, indem man den Menschen jede demokratische Berechtigung abspricht und sie quasi kriminalisiert, schadet der Demokratie in einem Umfang, wie es die AfD niemals könnte.

Noch problematischer wird die Sache dadurch, dass die Bürger den Eindruck gewinnen müssen, es mit einer Art konzertierten Aktion zu tun zu haben. In vielen deutschen Grossstädten organisieren die üblichen Netzwerke aus Gewerkschaften, Kirchen und NGOs «Demos gegen rechts», zugleich gibt ein linkes Recherchenetzwerk gegen alle Fakten vor, dunkle Geheimpläne aufgedeckt zu haben, und eigentlich neutrale Tageszeitungen sind sich gegen jeden journalistischen Grundsatz nicht zu schade, ihre Leser zu Aktionen gegen Populismus anzuhalten.

Im japanischen Jiu Jitsu nutzt man die Energie des Angreifers, um sich zu verteidigen. Denn Kraft mit Gegenkraft zu beantworten, führt zu unbeherrschbaren Kollateralschäden. Die Bundesregierung wäre gut beraten, von den alten Samurai zu lernen. Stattdessen schlägt man um sich wie ein angeknockter Boxer und spaltet damit die Gesellschaft immer weiter.