Granit Xhaka ist der Kapitän der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Doch in seinem Handeln bezieht er sich vor allem auf seine ursprüngliche Heimat Kosovo. Dies wird im Nachgang zur Fussball-WM in Katar immer deutlicher.
Zana Avdiu, die bekannteste Frauenrechtlerin im Kosovo, die gewagt hatte, Xhakas obszöne Gesten im Spiel gegen Serbien öffentlich zu kritisieren, fürchtet um ihr Leben und muss Polizeischutz in Anspruch nehmen.
In einem Interview mit der Sonntagszeitung sagt sie: «Seit einer Woche war ich nicht mehr draussen – mein Bewegungsradius ist so eingeschränkt, dass ich nur zur Arbeit und danach sofort wieder nach Hause gehe.» Abertausende von sexistischen Nachrichten haben ihre sozialen Netzwerke «geflutet», nicht nur aus dem Kosovo, sondern aus ganz Europa, auch aus der Schweiz.
Avdiu: «Bis jetzt sind es 11.000; darunter waren viele konkrete Drohungen gegen mich und meine Familie, auch meine Anwältin ist betroffen. Es heisst, man sollte mich töten, ich solle nach Serbien auswandern, man sollte mich vergewaltigen. In 200 Fällen habe ich Anzeige erstattet, es gab bereits mehrere Verhaftungen.»
Ausgangspunkt der Hass-Kampagne war ein Auftritt der 29-Jährigen im kosovarischen Fernsehen, als Granit Xhakas Benehmen diskutiert wurde. Telefonisch schaltete sich der Vater von Granit, Ragip Xhaka, in die Sendung ein – und ging frontal auf Avdiu los. Er warf ihr vor, ihn, seinen Sohn, ja die ganze Familie Xhaka beleidigt zu haben. Am Schluss warnte er sie, sie solle «aufpassen», was sie über die Familie Xhaka schreibe.
Auf die Frage von Zana Avdiu: «Sonst passiert was?», gab Ragip Xhaka zurück: «Ich erzähle dir nachher, was passiert. Du wirst dich in jeder Hinsicht verantworten müssen. Aber wenn es so weit ist, wird es schon zu spät sein, das garantiere ich dir mit meinem Leben. Denn du kennst die Familie Xhaka nicht.»
Auch Taulant Xhaka, der ältere Bruder von Granit, der beim FC Basel unter Vertrag steht und für die albanische Nationalmannschaft spielt, schaltete sich via Instagram in die Debatte ein. Er schrieb an Avdiu: «Schande, du hast überhaupt kein albanisches Blut.»
Auch wenn diese Misstöne sportlich keinen Einfluss haben mögen, müssen sie beim Schweizer Fussball-Verband in den kommenden Wochen zum zentralen Thema gemacht werden. Schon bald beginnt die Qualifikation für die Euro 2024 – unter anderem mit Kosovo als Schweizer Gruppengegner. Die Person Granit Xhaka als Kapitän kann man sich unter diesen Umständen nicht mehr vorstellen.