Das Schweizer Parlament gilt als Arbeitsparlament. Hier wird nicht nur parliert, sondern auch gearbeitet, in Kommissionen, an Lösungen, nicht zuletzt mit dem regen Betätigen des Abstimmungsknopfs. Tagt das Parlament, sind die Volksvertreter präsent, möchte man meinen.

Mattea Meyer und Tamara Funiciello nehmen es etwas lockerer. Die beiden SP-Nationalrätinnen sind am Donnerstag nach Lausanne ans Bundesgericht gereist. Dieses hat entschieden, dass die Abstimmung über die AHV-Reform, bei der das Frauenrentenalter jenem der Männer angeglichen worden ist (auf 65 Jahre), gültig bleibt.

Die Linke hatte Beschwerde eingereicht, nachdem bekannt geworden war, dass sich ihre Genossen im Innendepartement von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (zuvor Alain Berset) verschätzt hatten. Die Finanzierungsprognosen für die AHV fielen zum Zeitpunkt der Abstimmung ein klein wenig pessimistischer aus, wie sich erst später zeigen sollte.

Der Gerichtsentscheid war für Meyer und Funiciello eine gute Gelegenheit, sich medienwirksam in Szene zu setzen. Auf allen Kanälen konnten sie sich 24 Stunden lang empören. «Wir sind wütend», sagt Funiciello im Live-Ticker von Watson. Dieser beginnt um 09.08 Uhr auf dem Bahnhof in Bern.

Zuvor waren die beiden SP-Nationalrätinnen noch schnell im Bundeshaus, um – so heisst es bei Watson – an einer «wichtigen Abstimmung» teilzunehmen. Angenehmer Nebeneffekt: Weil sich die beiden am Morgen in die Präsenzliste des Rats eingetragen hatten, hatten sie Anspruch auf das Taggeld von 440 Franken, 115 Franken für eine Malzeitentschädigung sowie 180 Franken für eine Übernachtungsentschädigung.

Somit zahlt die arbeitende Bevölkerung für den PR-Ausflug der SP-Frauen 735 Franken pro Parlamentarierin. Neben Meyer und Funiciello sind auch die SP-Nationalrätin Martine Docourt (Neuenburg) sowie die Grüne-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (Zürich) auf Bildern zu sehen.

Bei all den Annehmlichkeit des Amtes haben die Frauen womöglich Artikel 10 des Parlamentsgesetzes vergessen: «Die Ratsmitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Räte und Kommissionen teilzunehmen.»