Das gleich vorweg: Seit die von ihrem Moralismus besoffenen Deutschen aus dem WM-Turnier geflogen sind, begann es richtig Spass zu machen.

Dass die Spanier mit Kalkül gegen Japan mit angezogener Handbremse spielten, um den leichteren Weg in die K.-o.-Runde zu nehmen und damit böse auf die Nase fielen, gehörte dennoch – aus Sicht eines Deutschen – zu den Schönheiten dieser WM. Wie grossartig die Marokkaner die Spanier durcheinanderwirbelten!

Doch nichts konnte dieses Finale der Argentinier gegen die Franzosen überbieten. Denn dort spielten die Weiss-Blauen einen nahezu perfekten Fussball, angeführt von einem Lionel Messi, der schon jetzt Legende ist. Eine Lehrstunde.

Da gab es, wie schon in den Partien zuvor, Traumpässe und Traumtore durch diesen kleinen Grossen, der nun zu den Allegrössten gezählt werden muss. Bis zur 79. Minute schien er über allem zu schweben. Und plötzlich der kalte Guss, innerhalb von 95 Sekunden der Ausgleich. Und nun begann der grosse Kleine, der normalerweise spazieren geht in der gegnerischen Hälfte, wenn er nicht gerade ein geniales Dribbling, einen genialen Pass, ein überfälliges Tor hinlegt, begann er also zu ackern und zu grätschen und sein Team tatsächlich erneut in Führung zu bringen, die kurz darauf von diesem anderen Wunderspieler, Kylian Mbappé, erneut egalisiert wurde. Ein Herzinfarkt-Finale.

Ich glaube, es gab ausserhalb Frankreichs niemanden, der Messi und seinem Team in der abschliessenden Elfmeter-Lotterie nicht die Daumen gedrückt hätte. Was für ein Happy End dieser grossartigen Karriere. Und wie schön, dass uns ein erneutes Triumph-Schmusen des französischen Präsidenten-Schauspielers mit halbnackten schwarzen Athleten zur Förderung der eigenen Popularität erspart blieb – Kylian Mbappé, ja selbst Trainer Didier Deschamps entwanden sich dem Zugriff ihres Präsidenten diesmal sichtbar angeekelt.

Und was die Deutschen angeht – sie haben die Auftaktpartie trotz Überlegenheit vergeigt, das kann passieren. Das ist Fussball. Aber sie werden, wenn sie sich künftig auf den Ball statt auf Bekenntnis-Armbinden konzentrieren, wieder eine Rolle spielen. Und diese Zukunft hat einen Namen: Musialla. Ein Zauberkünstler, möglicherweise der Messi der Zukunft.

Und was das von allen im Vorfeld politisch beschimpfte Turnier in der Wüste angeht – selbst die deutsche Fussballegende Lothar Matthäus fand, es sei eines der allerbesten gewesen.