In Deutschland sind hundert Jahre lang die besten Autos der Welt gebaut worden. Technische Perfektion, Erfindergeist und ein bisschen Benzin im Blut haben die deutschen Hersteller von VW und seiner Schwestermarke Audi über Mercedes bis zu BMW in ihren Segmenten an die Spitze gebracht, und dort haben sie sich lange gehalten.

So lange, bis Benzin im Blut nicht mehr reichte. Bis es um Strom statt ums Verbrennen ging. Die Folge ist ein Absturz in Raten.

Beim Autoexport sind die Deutschen inzwischen auf Rang drei nach China und Japan abgestiegen. Im E-Auto-Bereich verlieren sie weltweit Marktanteile. VW schüttelt es bereits richtig durch. Bis zu 10.000 Stellen will der Konzern streichen.

Verantwortlich dafür ist zuallererst eine Regierung, die sich mit Hurra an die Spitze der Bewegung stellt und damit die wichtigste Industrie im Land ins Taumeln bringt. Für ihren Kurs Richtung E-Mobilität führt sie ökologische Gründe ins Feld, die höchst fragwürdig sind: Ob nicht ein Export des sparsamen und perfekten Verbrenners überall dorthin, wo Stinker vom alten Typ laufen, dem Planeten mehr CO2 erspart als die Wende zur Elektromobilität in Deutschland, ist jedenfalls reine Glaubenssache.

Dass bei der 180-Grad-Wende bei den Antriebssystemen jene Hersteller auf der Strecke bleiben, die die grössten Schwächen haben, liegt auf der Hand. Deswegen trifft es jetzt VW.

Der Konzern ist Auslöser des Dieselskandals, der die deutsche Spitzentechnologie international in Verruf gebracht hat. Er ist von einer mächtigen Gewerkschaft dominiert, deren Bosse im Konzern Gehälter wie das Topmanagement einstreichen, aber keine Verantwortung übernehmen. Sie handeln Beschäftigungsgarantien über fünf Jahre und mehr aus, die kein Unternehmen, das am Markt agiert, jemals zusagen dürfte.

VWs wichtigster Eigner ist das Land Niedersachsen, gegen dessen Votum nichts entschieden werden kann. «Wir sind zu langsam, zu träge, zu kompliziert – das ist nicht überlebensfähig», sagt der Vorstand der Marke VW, Thomas Schäfer, und benennt damit das, was alle denken, aber keiner ändert. Seit Jahrzehnten.

Die Erkenntnis ist bitter. Sie heisst: Die politisch beschleunigte Krise trifft den richtigen. Der britische Economist hat das Geschehen bereits weiter gedacht: Er hat sich gefragt, ob VW vom «Nokia-Effekt» hinweggespült werden könnte. Nokia war einst der mächtigste Mobiltelefonhersteller der Welt, bis ihn der Fortschritt überholte und er einfach verschwand. In der VW-Zentrale in Wolfsburg werden einige bei diesem Vergleich blass geworden sein.