Die Bundesregierung hat seit Beginn der aktuellen Legislaturperiode insgesamt 108 Strafanzeigen wegen vermeintlich strafrechtlich relevanter Meinungsäusserungen im Internet erstattet. Dies geht aus einer Anfrage der fraktionslosen Abgeordneten Joana Cotar hervor, wie das Online-Portal Nius berichtet.

Demnach entfallen 51 dieser Anzeigen auf das Innenministerium unter Nancy Faeser (SPD), ferner 38 Anzeigen auf das Auswärtige Amt unter Annalena Baerbock (Grüne). Weitere Anzeigen erstatteten das Bildungsministerium (10 Anzeigen) unter Bettina Stark-Watzinger (FDP) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (8 Anzeigen) von Cem Özdemir (Grüne). Eine einzelne Anzeige wurde zudem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Minister Hubertus Heil (SPD) eingereicht.

Die Anzeigen betreffen ausschliesslich Kommentare und Beiträge in den sozialen Netzwerken, die im Zusammenhang mit dienstlichen Auftritten der Minister stehen. Privat eingereichte Anzeigen aufgrund dienstlicher Kommentare werden nicht berücksichtigt.

Cotar kritisiert diese Praxis der Bundesregierung als «Anzeigen-Hauptmeister». Ihrer Ansicht nach zeuge dies von mangelnder staatlicher Souveränität und fehlender Kostenübersicht seitens der Regierung. Sie warnte, dass sich die Regierung zu sehr auf die Verfolgung von Meinungsdelikten konzentriere, anstatt sich um drängende politische Herausforderungen zu kümmern.

Das Demokratiefördergesetz, das von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) vorangetrieben wird, soll ermöglichen, auch Äusserungen «unterhalb der Strafbarkeitsgrenze» verfolgen zu können. Paus hatte den Kampf gegen Hass im Netz zu einem Schwerpunktthema gemacht.