Der neuen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (SP) konnte es nicht schnell genug gehen, die neuen «Direktiven» des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu vollziehen. Laut Gesetz dürfen vorläufig aufgenommene Asylbewerber ihre Familien nach drei Jahren in die Schweiz holen. Aber der EGMR entschied vor einigen Monaten, unser Land müsse den Familiennachzug bereits nach zwei Jahren ermöglichen – und die Migrationsbehörden setzten diesen Entscheid sofort um.

Nun muss man wissen, dass es sich bei den vorläufig Aufgenommenen eigentlich um abgewiesene Asylbewerber handelt, die man aus irgendeinem Grunde nicht in ihr Heimatland zurückschaffen kann. Sie geniessen in der Schweiz kein Bleiberecht. Dass sie ihre Familien nach drei Jahren in die Schweiz nachholen dürfen, ist demnach bereits eine mehr als grosszügige Geste. Diese Frist auf zwei Jahre zu verkürzen, ist grob fahrlässig, denn diese Leute werden die Schweiz nun erst recht nicht mehr verlassen.

Geht es um andere Bereiche, vollzieht das Justiz- und Polizeidepartement von Baume-Schneider die Entscheide des Menschengerichtshofes nicht so zackig. Der EGMR hat die Schweiz 2022 zum Beispiel wegen des Demonstrationsverbotes während der Corona-Pandemie verurteilt. Das Bundesamt für Justiz hat dieses Urteil jedoch an die nächste Instanz weitergezogen.