Angriff auf Moskau? Und dann? Was weiter? Ein Blick in den Abgrund der deutschen Russland-Politik – der entstand unfreiwillig beim Auftritt des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) in der Sendung «Maischberger». Das Auftreten des ranghohen Politikers offenbarte eine Gedankenwelt, die sich um die Koordinaten Krieg, Kampf, Verteidigung dreht.

Diplomatisches Takt- und Fingerspitzengefühl? Stören da nur.

Auf die Frage, ob ein Angriff der Ukraine auf Moskau vom Völkerrecht gedeckt sei, sagte Pistorius: «Das Völkerrecht erlaubt das.»

Auf die Frage, welchen Ratschlag er dem ukrainischen Verteidigungsminister im Hinblick auf einen Angriff auf Moskau geben würde, sagte das Regierungsmitglied: «Wenn er mich fragen würde, würde ich ihm die Antwort unter vier Augen geben.»

Allein die Aussagen von Pistorius an dieser Stelle offenbaren den diplomatischen Zerfallsprozess im Umgang mit Russland. Von einem Minister der deutschen Regierung darf und muss – gerade in einer Kriegssituation, in der ein weiteres Anfachen des Feuers der falsche Weg ist – erwartet werden, dass er ein Mindestmass an diplomatischem Geschick besitzt.

Auf die Frage nach einem Angriff auf Moskau wäre die einzige Antwort gewesen: Solche Gedankenspiele verbieten sich im Sinne des Friedens.

Doch Pistorius, längst in imaginierter Vorbereitung eines angeblich möglicherweise drohenden Angriffs Russlands auf einen Nato-Staat, lässt sich auf die Frage ein. Seine Antwort dürfte zwar den ewig Kalten Krieger und den Hobby- und Sitzgenerälen dieser Zeit eine gewisse Befriedigung verschaffen: Zur Befriedung des angespannten Verhältnisses zwischen Deutschland und Russland trägt sie indes nicht bei.

Abseits der Frage, was nun völkerrechtlich legitim ist und was nicht: Wozu taugt solch eine Eskalation in den Gedanken? Was wird aus ihr hervorgehen?

In Moskau dürfte diese Aussage mit kritischen Augen aufgenommen werden. Aber was wäre überhaupt, wenn die Ukraine auf Eskalation setzen und mit Wucht auf Ziele in Moskau schiessen würde? Wäre das die Wende? Würde Russland die weissen Fahnen auspacken? Allein diese Annahme ist so absurd, dass eine verantwortungsbewusste Politik sich erst gar nicht auf solche Fragen einlassen darf.

Das Ergebnis der bisherigen «Strategie» von westlicher Seite ist: Hunderttausende tote, verstümmelte und traumatisierte Soldaten. Das Einzige, was in dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine dienlich ist, ist eine Politik, die auf Frieden und nicht auf Waffen setzt.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Demnächst erscheint von ihm: «Kriegstüchtig! Mobilmachung an der Heimatfront».