Die Verträge für die Corona-Impfstoffe gehören zu den am besten gehüteten Geheimnissen der Welt. Die Schweiz ist da kein Sonderfall. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) behält die Konditionen der Impfstoff-Beschaffung unter Verschluss. Wie viel der Bund für die Dosen bezahlt und welche Bedingungen er in den Verträgen akzeptiert hat – dazu erfährt der Bürger nichts.
Ausserhalb der Schweiz wurden Konditionen der Impfstoff-Beschaffung zwar auf Druck der Öffentlichkeit vereinzelt publiziert, zum Beispiel in der EU oder in Israel. Aber die wirklich entscheidenden Informationen wurden auch dort mit schwarzer Farbe unkenntlich gemacht. Der Preis einer Dose? Übermalt. Anzahlung an den Lieferanten? Bleibt Geheimnis. Vereinbarte Lieferfristen? Weggeschwärzt. Übernahme von Schäden durch die Hersteller? Keine Information.
Zweimal hat die Weltwoche beim BAG Auskunft über den Inhalt der Verträge verlangt und sich dabei auf das Öffentlichkeits-Prinzip berufen. Doch bisher ohne Erfolg. Dabei wäre es an der Zeit, dass das BAG mehrere Fragen beantwortet. Die erste betrifft den Preis, um die Kosten für die Steuerzahler transparent zu machen. Die Hersteller haben selbstredend ein Interesse daran, den Preis als Geschäftsgeheimnis zu behandeln. Das verschafft ihnen im Corona-Poker einen Verhandlungsvorteil gegenüber den Regierungen, weil diese nicht wissen, was andere Länder für das gleiche Produkt bezahlen.
In den wenigen Ländern, in denen der Preis aufgrund von Indiskretionen durchgesickert ist, zeigen sich erhebliche Preisdifferenzen. So bezahlte zum Beispiel die EU-Kommission für den Impfstoff von Astra Zeneca 2,19 Dollar, während von Südafrika laut Medienberichten mehr als Doppelte verlangt wurde. Aber weshalb spielt das BAG bei diesem Verwirrspiel mit?
Die zweite Informations-Pflicht bezieht sich auf die Einhaltung der Lieferfristen. Sind Bussen vorgesehen für den Fall, dass die Dosen verspätet ausgeliefert werden? Oder dürfen die Hersteller, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, die Dosen dann auf den Weg schicken, wenn es ihnen passt?
Von zentraler Bedeutung sind schliesslich Angaben über die Haftpflicht. In den Vereinigten Staaten sind die Arzneimittel-Hersteller von fast jeglicher Haftung befreit, wenn ihre Impfstoffe nicht funktionieren oder schwere Nebenwirkungen verursachen. Das bedeutet, dass die Unternehmen nicht verklagt werden können, auch nicht in Fällen von Fahrlässigkeit oder Leichtsinnigkeit. Informationen zur Frage, was die Schweiz in diesem Punkt mit den Produzenten vereinbart hat, wären überfällig.
"...auch nicht in Fällen von Fahrlässigkeit oder Leichtsinnigkeit" Wer solche Punkt in einen Vertrag einbaut, handelt wissentlich. Wer diese Punkte akzeptiert, handelt fahrlässig, verantwortungslos. Das ist wie Heiraten mit dem Scheidungsvertrag in der Tasche.