Kaum sind die Wahlen vorbei, kommen die Kampagnen für eine institutionelle Anbindung der Schweiz an die EU wieder in Fahrt. Die an der Universität Freiburg tätige Juristin Astrid Epinay wirbt in der NZZ für eine Fortsetzung des «bilateralen Wegs», bei der der Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine zentrale Rolle spielt für die Streitbeilegung, also für eine Anbindung mit Unterstellung unter das EU-Gericht.

Das gegen den EuGH oft vorgebrachte Argument der «fremden Richter» verstelle, so Epinay, den Blick aufs Wesentliche: Denn über den bilateralen Weg werde die Schweiz ja ein Stück weit wie ein EU-Mitgliedsstaat am Binnenmarkt beteiligt. Und der EuGH sei eben das Gericht des Binnenmarktes, das gelte für alle, die daran teilnähmen.

Dies erachte sie nicht als Aushöhlung der direkten Demokratie oder der Kompetenzen des Schweizer Parlaments, schreibt die deutsch-schweizerische Doppelbürgerin. Für die Schweiz bestehe zwar das Risiko unangenehmer Urteile, aber dem stehe das Risiko gegenüber, abseits vom Binnenmarkt zu stehen.

Damit kommt sie zum Trick: Um den Zugang zum Binnenmarkt zu erhalten, seien drei bedeutende bilaterale Abkommen nötig, schreibt Epinay: für den Produktaustausch das Abkommen über technische Handelshemmnisse, sodann das Land- und Luftverkehrsabkommen sowie die Personenfreizügigkeit.

Das ist das alte Märchen der EU-Anbindungs-Freunde. Sie tun so, als ob es für die Schweiz den Marktzugang nicht gäbe ohne diese bilateralen Verträge. Sie warnen, ohne Bilaterale müsse man draussen bleiben.

Einmal mehr wärmt auch Epinay dieses alte Klischee auf, das nicht wahrer wird, wenn man es immer wieder erzählt.

Denn der Marktzugang der Schweiz wird gewährleistet durch das Freihandelsabkommen mit der EU von 1972. Produkte können demnach im EU-Raum verkauft werden, wenn diese die Vorschriften erfüllen.

Moment, was ist denn mit den drei genannten «bedeutenden» Abkommen? Wenig.

Erstens: Der vielgepriesene bilaterale Vertrag über Handelshemmnisse erleichtert einfach die Zertifizierung der Produkte ein wenig, das betrifft mehr oder weniger die Unkosten. Aber Theoretiker in Bundesbürokratie und Verbänden spielen dessen Bedeutung künstlich hoch, weil sie sich nach Brüssel orientieren wollen.

Zweitens: Das Landverkehrsabkommen mit seinen billigen Transitpreisen für die EU und das Luftverkehrsabkommen, das die Schweizer Firmen bereits heute eins zu eins der monströsen EU-Regulierung unterwirft, bringen der Schweiz viele Nachteile.

Und drittens: Die Personenfreizügigkeit mit unbeschränkter Wanderung in Sozialsysteme ist ohnehin ein Fremdkörper in liberalen Handelsordnungen. Gehört nicht zu den Grundfreiheiten.

Der Bundesrat hat das Thema der Bilateralen III aus dem Abstimmungskampf herausgehalten, um es vor Debatten zu schützen, umso drängender wollen die Befürworter jetzt vorwärtsmachen.