Es ist ein Politbeben, das keiner spürt: Wer sich die jüngsten Umfragen (Forsa für RTL/N-TV) in Deutschland genauer ansieht, stellt eine tektonische Verschiebung der Kräfte in der Parteienlandschaft fest: Erstmals kommen Union und AfD auf deutlich mehr als 50 Prozent (53 Prozent), während die Parteien der Ampel-Regierung zusammen gerade so den Wert der Union (32 Prozent) erreichen. Die Liberalen wären mit 4 Prozent nicht mal im Bundestag vertreten, wenn an diesem Sonntag Wahl wäre.

Was sich hier niederschlägt, ist nicht nur die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung, es ist vor allem das fehlende Vertrauen in die Fähigkeit der handelnden Akteure, das Blatt zu wenden. Während vom Nahost-Konflikt getriebene Migranten-Kriminalität sich auf den Strassen Bahn bricht, bekommt die Ampel-Regierung das derzeit drängendste Problem der illegalen Migration nach Deutschland nicht ansatzweise in den Griff, will es offensichtlich auch gar nicht.

Wer sich dieser Tage beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin umhörte, erlebte Wirtschaftsverbände in fast schon hysterischer Hoffnungslosigkeit. «Wir sinken, aber das Orchester spielt noch», sagte jemand vom Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände. Energiekosten setzen Bürgern und Firmen zu, Rezession und Inflation fressen die Rücklagen auf, und die Bundesregierung bringt seltsam schrill kontrastierende gesellschaftliche Projekte wie die Cannabis-Legalisierung oder die Eintragung des Wunschgeschlechts auf den Weg.

Deutschland steckt gleich in mehreren Sackgassen: Ein wirklicher Politikwechsel ist durch die konsequente Ausgrenzung der AfD nicht in Sicht und wäre selbst mit ihr angesichts der inneren Verfasstheit der Partei keine wirklich hoffnungsvolle Perspektive. Der Atomausstieg ist irreversibel, und das diskutierte Heruntersubventionieren der Energiepreise wäre volkswirtschaftlicher Irrsinn. Und die weiter andauernde Migration wird aller Erfahrung nach bleiben und Land und Leben nachhaltig verändern.

Und so schlägt sich im Umfrage-Beben eine Art ratloser Fatalismus nieder, getreu dem alten Sponti-Spruch: Du hast keine Chance, nutze sie! Aber heiter immer weiter, immer weiter …

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Die Ampel sinkt, aber das Orchester spielt noch: Erstmals kommen Union und AfD auf deutlich mehr als 50 Prozent, während die Regierungs-Parteien gerade so den Wert der Union erreichen"
  • Mad Maxl

    "Die Ampel sinkt, aber das Orchester spielt noch" Wie auf der Titanic, da hat angeblich die Band auch bis zum Untergang gespielt. Aber in Deutschland geht nicht nur die Ampel (SPD/FDP/GRÜNE) unter, sondern diese Politikversager reißen das ganze Land mit in den Abgrund. Deshalb, Deutschland muss diese Regierung schnellstens los werden wenn es aus dem Abwärtssog noch raus kommen will.

  • tempelritter1947

    Der Schanzler hat doch nichts zu sagen. Er wird in die Welt geschickt, damit die Laienspieler freie Hand haben. Es ist alles so erbärmlich.

  • Betrachtung

    Kein Witz : Am 26.10. erhält Lindner eine Auszeichnung für die Wiederbelebung der FDP.