Donald Trump geht forsch zur Sache. Noch ist er nicht im Amt, da setzt er schon Dinge in Bewegung, für die sich Joe Biden eingesetzt hat, die ihm aber nicht gelungen sind – zum Beispiel ein Ende des Kriegs in Gaza oder die Freilassung der Geiseln aus den Klauen der Hamas.

Sollten, schrieb Trump in einem Eintrag auf seiner Internetplattform Truth Social, die Gekidnappten Gaza nicht vor seinem Amtsantritt am 20. Januar verlassen können, werde er den Verantwortlichen «die Hölle heissmachen». Und er meinte: Ihnen würden härtere Schläge versetzt als irgendjemandem sonst in der Geschichte der USA.

Wie diese «härteren Schläge» aussehen würden, darüber schwieg er sich aus. Rätseln konnte man ebenfalls darüber, wem die Drohung galt. In ganz Israel ging man davon aus, dass sie an die Hamas gerichtet waren, in deren Gewalt sich die Geiseln seit mehr als 420 Tagen befinden.

Gut möglich ist es aber auch, dass Trump Israels Premierminister Netanjahu drohen wollte. Er weigert sich seit Monaten, einem Waffenstillstand zuzustimmen und die Truppen aus Gaza abzuziehen – was die Hamas als Bedingung für die Freilassung der Geiseln nennt.

Sicher ist aber: Die Ungewissheit über das Ausmass und den Adressat von Trumps Drohungen haben bereits Folgen. Niemand will Trumps Zorn auf sich ziehen. Analysten in Jerusalem wollen bei Netanjahu eine gewisse Flexibilität erkennen und sind, erstmals seit Monaten, zuversichtlich, dass sich eine Lösung abzeichnen könnte.

Und plötzlich ist die Hamas bereit, die Grenzkontrolle beim Übergang nach Ägypten an die Konkurrenzpartei Fatah abzutreten, was für sie bisher absolut kein Thema war.

Trumps Stil kennt man aus seiner ersten Amtszeit: unverblümt, ohne Fisimatenten, ohne Respekt vor den Regeln der Diplomatie.

Einige mögen das kritisieren – doch gerade im Nahen Osten ist es zielführend.

Stärke wird dort mit Respekt und Glaubwürdigkeit verbunden und zeigt in Verhandlungen, dass man ernst genommen werden will. Das ist tief in der kulturellen und historischen Dynamik des Orients verwurzelt – von Saladin zu den Osmanen bis hin zu Gamal Abdel Nasser oder Hafez Assad: Sie demonstrierten Stärke, um ihre Positionen sowohl gegenüber internen Gegnern als auch gegenüber externen Mächten zu sichern.

Joe Biden hat das nicht verstanden. Er glaubte, mit Floskeln seine Ziele durchsetzen zu können, ohne seinen Drohungen Nachdruck zu verleihen. So warnte er Teheran wiederholt, Israel anzugreifen und sagte den Ayatollahs «Tut das nicht», unternahm aber nichts, als Iran Israel angriff.

Damit gab Biden zu erkennen, dass man sich über seine Drohung ungestraft hinwegsetzen darf. So war er vier Jahre lang berechenbar. Trump wird es, zumindest im Orient, nicht sein. Und darin wird seine Stärke bestehen.