Es ist ein Zufall, dass an den Aktien-, Anleihen- und Devisenmärkten sogleich nach den Midterm-Wahlen vom 8. November grosse Kursschwankungen einsetzten. Grund dafür war aber nicht der Wahlausgang, der während der Börsenwoche noch nicht eindeutig feststand. Vielmehr war es die Publikation der Oktober-Inflationszahlen in den USA. Die Teuerungsrate sank zum vierten Mal in Serie von 9,1 Prozent im Juni auf noch 7,7 Prozent.

Auch dieser Kaufkraftverlust liegt noch deutlich über den Vorstellungen des US Fed von tolerierbaren 2 Prozent, aber die Anleger interpretieren diesen Teuerungs-Rückgang als Trend, der sich fortsetzen sollte. Die Reaktion an den Zinsmärkten bestätigt diese Hoffnungen, denn es kam nicht nur zu einem Marschhalt des Zinsanstiegs.

Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen bildeten sich weltweit sogar zurück. Nach einem Anstieg um 2,8 Prozentpunkte in den USA auf 4,3 Prozent sanken die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen wieder um 0,5 Prozentpunkte auf noch 3,8 Prozent. Ähnlich war der Verlauf in Deutschland und in der Schweiz, wo die Langfristzinsen seit Ende 2021 vorerst um 2,6 bzw. 1,6 Prozentpunkte anstiegen, unlängst aber wieder um 0,4 und 0,5 Prozentpunkte auf noch 2,2 Prozent (Deutschland) bzw. 1 Prozent (Schweiz) nachgaben.

Die Märkte gehen nun davon aus, dass das US Fed zwar seinen Leitzins noch weiter auf 5 Prozent (heute 4 Prozent) anheben wird, die nächsten Zinsschritte aber geringer ausfallen sollen. Möglicherweise werden weitere Zinsschritte auch verzögert, je nachdem wie stark sich die Konjunktur in den USA abschwächt.

Die wachsende Zuversicht auf ein Ende der Zinserhöhungen wirkte sich auch positiv auf die Aktienmärkte aus, legten die US-Indizes doch massiv zu, der Dow Jones Industrial stieg im Vergleich zum Tag vor den Wahlen um 2,8 Prozent, der S&P 500 um 4,9 Prozent und der Nasdaq um 7,2 Prozent. Damit wurde zwar ein Teil der Verluste im laufenden Jahr wettgemacht, aber es verleiben im Vergleich zu den Höchstständen immer noch Einbussen von 9 Prozent (Dow Jones), 17 Prozent (S&P 500) und 30 Prozent (Nasdaq).

Anders reagierte der Devisenmarkt. Es kam nur selten vor – seit Ende von Bretton Woods 1971 dreizehnmal –, dass die Weltwährung Nummer eins innert nur sechs Tagen gegenüber dem Franken um 7 Prozent oder mehr abstürzte. Auch diese Korrektur lässt sich hauptsächlich mit den Zinserwartungen und kaum mit den Midterms erklären. Geringere Zinserwartungen in den USA als in Europa beziehungsweise in der Schweiz bedeuten eine sinkende Zinsdifferenz, was Dollar-Anlagen weniger attraktiv macht. Dennoch könnte auch die Politik eine Rolle gespielt haben, seien es wiedererwachte Verschuldungssorgen oder auch Hoffnungen auf eine mögliche Entspannung im Ukraine-Krieg.

Ist mit dem Inflationsrückgang in den USA aber ein globaler Rückgang der Teuerung programmiert?

Gewiss gibt es immer Ausnahmen, aber vieles deutet darauf hin, dass sich der Inflationsdruck abschwächt, wenn auch nur langsam. Ermutigend sind vor allem die rückläufigen Produzentenpreise, für die in Europa erste Zahlen für Oktober vorliegen. In China lagen die Produzentenpreise im Oktober sogar um 1,3 Prozent unter dem Vorjahr.