In einem Meinungsartikel der britischen Wirtschaftszeitung Financial Times schwelgt der frühere CS-Chef Tidjane Thiam im Selbstlob. Der im Unfrieden Gegangene und Vergoldete rühmt die von ihm erzielten Gewinne, die strategische Ausrichtung und das von ihm ausgebaute Risikomanagement über den grünen Klee. Er habe die Segel gesetzt für einen «neuen Kurs», 40 Prozent mehr Risikokontrolleure angestellt und alles richtig gemacht.

Paradeplatz-Insider schütteln den Kopf. Nicht druckreife Ausdrücke fallen. Eine hochrangige Führungsperson sagt Weltwoche Digital, Thiams Artikel sei eine absolute «Frechheit». Dass die FT so etwas gedruckt habe, sei unverständlich. Thiam habe bei der CS eine «afrikanische Diktatur» hochgezogen, Mitarbeiter ausspioniert und allerlei fragwürdige Geschäfte ohne jede Nachhaltigkeit angezettelt.

Wenn seine Führung so erfolgreich gewesen wäre, wäre die Bank kurz darauf niemals in solche Schwierigkeiten geraten. Thiam gehöre in die lange Reihe der CS-Totengräber in Verwaltungsrat, Management und Aktionariat. Ein Topmanager der Finanzindustrie kritisiert die von Thiam installierte Ja-Sager-Kultur, ein Management der Überempfindlichkeit des obersten Chefs, scharf. Unter Thiam habe ein Geist Einzug gehalten, der die Bank massiv geschwächt und gute Leute vertrieben habe.

Ein anderer Spitzenmann der Schweizer Finanzindustrie sieht Thiams Aussagen als Teil einer «unerträglichen Heuchelei». Er kritisiert aber auch die Medien, Kommentatoren und Politiker – unsere Zeitung eingeschlossen –, die jetzt die Entscheidung der Nationalbank vom Wochenende in Grund und Boden stampfen: «Die Situation war ausweglos, die CS war kaputt, und man muss der UBS dankbar sein, dass sie diesen auch von Thiam aufgeschütteten Trümmerhaufen übernommen hat.»

Mit Entsetzen verfolge er die Debatte im Bundeshaus. Man solle die UBS jetzt in Ruhe arbeiten lassen. Es sei zwar sehr bedauerlich, dass die CS zugrunde gewirtschaftet worden sei, aber immerhin habe die Schweiz nun eine gestärkte Grossbank. «Wir müssen der UBS dankbar sein, dass sie bei der Lösung hilft.» Dass die Linken und die SVP der UBS Fesseln anlegten, sie an die politische Kandare nehmen wollten, sei unverantwortlich und «dumm».

Zum Zustand der CS bemerkt der erfahrene Manager, sie sei zum Zeitpunkt ihrer Abwicklung zwar tatsächlich ausreichend kapitalisiert gewesen, aber eine Bank könne nicht überleben, wenn sie auf Jahre hinaus kein Geld mehr verdiene. Dauernd seien neue Probleme aufgetaucht, alte Probleme, neue Probleme. Das sei Gift fürs Vertrauen.

Die Medien seien Besserwisser, die Regulatoren hätten geschlafen – man hätte schon vor einem halben Jahr sehen können, dass die CS kaum mehr unabhängig zu bestehen in der Lage sei. Die Regulatoren hätten viel zu lange auf die Medien gehört und ihre schützende Hand über die CS gelegt und damit wohl auch die Öffentlichkeit in die Irre geführt.

Einen Fehler bei den Amerikanern oder Briten sieht der Gewährsmann nicht. Die Probleme seien allesamt hausgemacht. Das Wichtigste sei jetzt, die UBS machen zu lassen und die letzte Schweizer Grossbank, die gestärkt aus diesem Debakel hervorgehe, keinesfalls durch unbedachtes Gerede oder politischen Aktionismus zu beschädigen. Da der Mann nach wie vor eine wichtige Führungsposition in der Schweizer Wirtschaft besetzt, möchte er namentlich nicht genannt sein.