Kurz vor der zweitägigen EU-Konferenz über die EU-Migrationspolitik hat Ungarns Präsident Victor Orbán die EU Ende Juni beschuldigt, vor dem Bankrott zu stehen, und sich nach dem Verbleib der EU-Gelder erkundigt.

Angriff ist die beste Verteidigung. Diese Lebensweisheit kommt einem deshalb in den Sinn, weil gerade Leute wie Orbán oder der vor seiner Abwahl stehende spanische Präsident Pedro Sánchez zu jenen Regierungschefs gehören, die der EU-Budget-Kontrollkommission die nötigen Auskünfte über den Verbleib von EU-Geldern verweigerten. Aber die Frage bleibt. Wohin sind die EU-Gelder verschwunden?

Die Europäische Kommission hat am 7. Juni den EU-Haushalt für 2024 in Höhe von 189,3 Milliarden Euro vorgeschlagen, darunter fast 4 Milliarden Euro für die Rückzahlung von EU-Krediten. Das sind pro EU-Einwohner gerechnet 423 Euro, pro vierköpfige Familie bereits 1692 Euro.

Aber die Ausgaben und wohl auch die Verschuldung werden bis 2027 weiter ansteigen. Allein die Amortisationen der bisherigen Schulden werden bis 2058 auf mindestens 15 Milliarden pro Jahr ansteigen. Die Publikumsschulden könnten auf 800 bis 1000 Milliarden zunehmen, was pro EU-Einwohner etwa 2000 Euro entspricht.

EU-Kommissions-Präsidentin von der Leyen hat zugegeben, dass die EU für die Ukraine bisher rund 30 Milliarden Euro ausgegeben hat und diese aus den EU-Reserven aufgebracht wurden. Aber diese Kasse sei nun erschöpft. Das heisst im Klartext, dass der EU tatsächlich ein finanzieller Kollaps bevorsteht, wenn die Beiträge nicht innert nützlicher Frist erhöht werden, sei es mittels zusätzlicher Länderbeiträge oder der Erschliessung neuer Einnahmequellen.

Von der Leyen will in den kommenden Wochen über den Finanzhaushalt bis zum Ende der Finanzperiode im Jahr 2027 diskutieren. Dies sei jedoch Sache der Finanzminister. Dass es auch noch Steuerzahler gibt, die die Zeche begleichen müssen, hat sie offensichtlich geistig verdrängt.

Es sind nicht nur die gewaltigen Ausgaben für die Unterstützung der Ukraine. Auch die Programme zum Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft verschlingen Unsummen. Dazu wurden Verschuldungsprogramme konzipiert, die wegen der Inflation bis zur endgültigen Umsetzung der Programme wohl gegen 1000 Milliarden betragen werden. Dazu kommen höhere Zinskosten, die weit über den budgetierten Werten liegen.

Das Budget wird aber auch durch Tilgungszahlungen der bisher aufgenommenen Kredite belastet. Dennoch will die EU ihre Ausgabenorgie nicht zurückfahren. Das Parlament sucht schon fast krampfhaft nach neuen Ausgabemöglichkeiten, um sein Dasein zu rechtfertigen.

Orbán stellt im Weiteren fest, dass Ungarn und Polen die versprochenen Beiträge und Kredite der EU noch nicht erhalten habe, was zu einem weiteren Mittelabfluss führen würde, sollten sie letztlich doch noch ausbezahlt werden. Er kritisiert auch, dass die EU im Migrationsbereich mehr Mittel fordere, aber diese nicht für einen verstärkten Grenzschutz, sondern für das Hereinholen weiterer Migranten eingesetzt werden sollen.

Der EU-Haushalt muss in den kommenden Monaten von den Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament verhandelt und einstimmig verabschiedet werden. Was aber, wenn Ungarn, Polen und andere EU-Staaten das Budget 2024 ablehnen?

Verfahrensmässig ist vorgesehen, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Parlament und dem Rat (der Staats- und Regierungschefs) eine Vermittlungskommission eingesetzt wird, die innert 21 Tagen einen Vermittlungsvorschlag unterbreiten muss. Innert weiterer vierzehn Tage müssen das EU-Parlament und der Rat das Budget genehmigen.

Lehnt der Rat das Budget ab, dann kann das EU-Parlament dieses dennoch annehmen, aber nur mit einer Mehrheit der Mitglieder und drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Lehnen das Parlament und der Rat den gemeinsamen Entwurf ab, muss die Kommission einen neuen Haushaltsentwurf vorlegen.