Politik ist manchmal wie Fassadenklettern: Man kraxelt mühsam an einer glatt aufgehübschten Oberfläche herum und kann nicht dahinterblicken.

Im Innenausschuss des Deutschen Bundestages war am Mittwoch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Gast, nachdem sie zwei Vorladungen mit fadenscheinigen Begründungen abgesagt und damit selbst den Unwillen der Koalitionspartner FDP und Grüne erregt hatte.

Diesmal nun entschuldigte sie sich zumindest dafür, an der zweiten Sitzung nicht teilgenommen zu haben: Sie sei «verärgert» gewesen über die Medien und die angeblich aus dem Zusammenhang gerissenen Belege. Politik als Kindergarten. Weil die Ministerin verstimmt ist (Aufstampf!), missachtet sie das Parlament, das als Souverän das Recht und die verfassungsmässige Pflicht hat, sie zu kontrollieren. Schön, dass sie es diesmal einrichten konnte.

Ausführlich lobt sie eingangs hinter verschlossenen Türen ihre segensreiche Regierungsarbeit. Zeit schinden ist eine probate Methode bei missliebigen Anhörungen. Die Antwort auf die eigentliche Frage, warum sie nach einem lupenreinen Persilschein für den grundlos geschassten Chef der Cyber-Abwehr, Arne Schönbohm (CDU), noch einmal den Verfassungsschutz abfragen liess, bleibt Faeser schuldig. Sie habe diese Abfrage gar nicht beauftragt, die ihr Abteilungsleiter sorgsam ins Protokoll geschrieben hat. Pech für den Hintersassen: Ober sticht Unter, und Unter ist schuld.

Den ihr unterstehenden Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang (CDU), hat Faeser eigens mitgebracht und lässt ihn berichten, dass alles rechtens war. Und weil der Autor dieser Zeilen bei laufendem Ausschuss darüber berichtet und ein Foto von Haldenwang im Ausschuss auf Twitter (heute X) stellt, wird der Vize-Ausschusschef von der SPD, Lars Castellucci, ganz fuchsig und wirf der Union vor, Fotos aus der internen Sitzung zu posten. Die Nerven liegen offenbar blank. In Wahrheit stammt das Bild ganz legal vom Beginn der Sitzung, als die Fotografen sich ganz auf die Ministerin konzentrierten.

«Das Ausmass des Nichtantwortens», so resümiert der AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio hinterher, komme schon fast einem Eingeständnis gleich. Aber eben nur fast. Faktisch weiss man weiter nichts. Die Fassade glänzt und hält.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Faesers Fassade glänzt und hält: Die Innenministerin bleibt im Innenausschuss des Deutschen Bundestages die Antwort auf die eigentliche Frage schuldig"
  • joergator

    Fassaden glänzen nie. Die der Extremistin Faeser eh nicht. Aber hat jemand im Ernst erwartet das die überzeugte Antidemokratin und AntiFa Sympathisantin aufgrund einer Anhörung auf einmal anfängt das Parlament zu achten, vom Souverän ganz zu schweigen ?

  • xyz 55

    " Den ihr unterstehenden Chef des BfV -Thomas Haldenwang hat Faeser eigens mitgebracht und lässt ihn berichten, dass alles korrekt war". Wie heisst es doch :,, Wes Brot ich ess, des Lied ich sing", und bekanntlich hackt auch eine Krähe der anderen kein Auge aus. Hoffentlich werden die Hessen am 8.Okt. daran denken , wo sie KEIN Kreuz machen sollten.

  • mouton 2.0

    "Ich glaube, dass ich mich nicht erinnern kann, weil meine Fassade wärmegedämmt ist und ich darunter eiskalt bin."