Am Dienstag detonierten im Libanon wie auf Kommando Pager und am Mittwoch Walkie-Talkies von hochrangigen Hisbollah-Mitgliedern.

Obwohl viel darauf hindeutet, dass der Mossad, Israels legendärer Geheimdienst, hinter diesen jüngsten Attacken steckt: In Jerusalem nimmt man dazu keine Stellung. Aber kaum jemand zweifelt daran, dass der israelische Auslandsgeheimdienst dahintersteckt.

Pager gelten zwar als altmodisch. Aber Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte ihre Verwendung befohlen, weil Smartphones «gefährliche Instrumente» des Feindes seien, wie er im Februar in einer seiner langen Ansprachen verkündete. Mobiltelefone bezeichnete er als «tödliche Agenten», die «detaillierte und präzise Informationen liefern können», warnte er nach mehreren gezielten Tötungen.

Statt moderner Gadgets sollten seine Kämpfer Kommunikationsinstrumente verwenden, die vom Feind nicht infiltriert werden können. Nasrallah befahl, Pager anzuschaffen. Die seien sicher, glaubte er.

Was er nicht wusste: Noch bevor er beschlossen hatte, aus Sicherheitsgründen nur noch auf die Nutzung von Pagern zu setzen, hatte Israel bereits einen Geheimplan vorbereitet, sagen ehemalige Geheimdienstler. Als der Mossad von den Anschaffungsplänen Nasrallahs hörte, so ein früherer Mossad-Agent, seien die Geheimdienstler aktiv geworden.

Ihr Ziel war es, den schiitischen Milizen präparierte Pager zu verkaufen, die auf Kommando explodieren würden. Ihr Plan enthielt vier Bausteine: Zunächst musste eine Lieferkette aufgebaut werden, die keine Rückschlüsse auf Israel zuliess. Zweitens wurde nach einem Explosionsstoff gesucht, der so klein war, dass er in einem Gerät Platz hatte und aus der Ferne aktiviert werden konnte. Gleichzeitig sollte er gross genug sein, um Schaden anrichten zu können.

Drittens musste ein Kontakt zu den Einkäufern der Hisbollah geknüpft werden, um dafür zu sorgen, dass die Hisbollah Pager und Walkie-Talkies erhielt, die zuvor präpariert worden waren. Der vierte Schritt war vergleichsweise einfach: Die gleichzeitige Explosion der Pager und Walkie-Talkies.

Zunächst wurde ein globales Netzwerk von Strohfirmen aufgebaut, das nach bisherigen Erkenntnissen von Ungarn über Taiwan bis nach Bulgarien und Japan reichte.

Im Zentrum der Tarnbemühungen steht die ungarische Firma BAC Consulting. Sie sei in Wirklichkeit aber Teil einer israelischen Fassade, zitiert die New York Times drei mit der Operation vertraute Geheimdienstler. Es seien zudem mindestens zwei weitere Scheinfirmen gegründet worden, um die wahren Identitäten der Personen zu verschleiern, die die Pager herstellten: Israelische Geheimdienstoffiziere.

BAC nahm zwar auch gewöhnliche Kunden an, für die es eine Reihe von gewöhnlichen Pagern herstellte. Aber der einzige Kunde, der wirklich von Bedeutung war, war die Hisbollah, und ihre Pager waren alles andere als gewöhnlich. Sie wurden separat hergestellt und enthielten Batterien, die mit dem Sprengstoff PETN verseucht waren, so die drei Geheimdienstler.

BAC wurde im Mai 2022 in Ungarn als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingetragen, obwohl ihre Website fast zwei Jahre zuvor, im Oktober 2020, offiziell registriert worden war. BAC-Chefin Cristiana Bársony-Arcidiacono erklärte gegenüber NBC News, dass das Unternehmen, das seine Website am Mittwoch vom Netz genommen hat, «nichts mit der Herstellung der Pager zu tun hat».

Zoltán Kovács, ein Sprecher des ungarischen Premierministers, sagte auf X, dass die Behörden bestätigt hätten, dass BAC Consulting ein Handelsvermittler sei, der nicht in Ungarn produziere oder tätig sei, und dass «die erwähnten Geräte niemals in Ungarn gewesen seien».

Die in Ungarn registrierte Firma sollte im Auftrag eines taiwanesischen Unternehmens, Gold Apollo, die Geräte herstellen. Das taiwanesische Wirtschaftsministerium teilte am Mittwoch in der Tat mit, dass von 2022 bis August 2024 260.000 Pager exportiert worden seien, vor allem auf europäische und amerikanische Märkte. Er gäbe aber «keine Berichte über Explosionen im Zusammenhang mit diesen Produkten». Und es existierten auch keine Aufzeichnungen darüber, dass das Unternehmen Pager direkt in den Libanon exportiert habe.

Und doch: Die Behörden untersuchen jetzt, ob «diese Charge tatsächlich modifiziert wurde» und «sie von einem anderen Hersteller produziert und einfach mit der Marke Apollo versehen wurde», so ein Sprecher des Ministeriums.

Inzwischen wird in Bulgarien gegen ein drittes Unternehmen ermittelt, das mit dem Verkauf der Pager in Verbindung stehen soll.

Auch Japan könnte eine Rolle gespielt haben: Auf den Bildern der explodierten Funkgeräte waren Aufkleber mit dem Namen der japanischen Funk- und Telefonfirma Icom zu sehen. Das Unternehmen, das nach eigenen Angaben alle seine Funkgeräte in Japan herstellt, teilte am Donnerstag mit, dass das Modell von 2004 bis 2014 hergestellt und in den Nahen Osten geliefert, seither aber nicht mehr ausgeliefert worden sei.

Pager von Hisbollah-Funktionären seien nicht nur im Libanon explodiert, sondern ebenfalls in Syrien und im Irak, in der Türkei, Paraguay. Auch der iranische Botschafter in Beirut wurde durch einen explodierenden Pager verletzt. Jeder, der diesen Pager trägt, ist «Teil des Hisbollah-Systems», sagt Arabien-Spezialist Ehud Jaari beim israelischen TV-Sender Channel 12. Zu Pager-Explosionen kam es laut Jaari auch in der Türkei, in Paraguay und «in einer grossen europäischen Hauptstadt». Ihren Namen will er nicht nennen. Der Verletzte sei von einem Vertrauensarzt der Hisbollah behandelt worden – um öffentliche Krankenhäuser zu meiden.