Wer ernsthaft glaubte, der Vollblutpolitiker Nigel Farage gebe nach dem Brexit Ruhe, täuschte sich.

Der Mann ist präsenter denn je und freut sich mit seiner Wahl zum Unterhausabgeordneten über eine neue Bühne im Parlament. Nach seinem Kampf gegen Brüssel setzt er sich jetzt für einen Ausgleich mit Wladimir Putin ein.

Farage hat erkannt, dass sich der Ukraine-Krieg nur mit Verhandlungen beenden lässt. Das haben zwar auch andere britische Politiker verstanden, aber sie wagen es nicht, dies zu sagen. Denn sie fürchten sich davor, die Etikette «Appeasement» verpasst zu bekommen.

Dieses Wort ist im politischen Vokabular Grossbritanniens mit «Feigling» gleichzusetzen. Die «Appeaser» setzten sich in den Dreissigerjahren für einen Ausgleich mit Nazideutschland ein, was aus heutiger Sicht tatsächlich verantwortungslos gewesen wäre.

Doch die Geschichte wiederholt sich nicht, Russland ist nicht Nazideutschland. Der Ukraine-Krieg ist zwar «Putins Fehler», wie Farage sagt, «aber der Westen provozierte ihn mit seiner Expansionspolitik dazu».

Dieser Befund löste einen Aufschrei der Empörung unter linken wie rechten Politikern aus. Und er kann die Rolle des Provokateurs weiterspielen, die er so sehr liebt.

Niemand erwartet, dass Grossbritannien nun die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt. Aber wenn es dereinst zu den unumgänglichen Verhandlungen kommen wird, kann Farage daran erinnern, diese schon immer gefordert zu haben. Ebenso wie einst den Brexit.