Der Papst muss heftige Prügel einstecken – der ukrainische Präsident Selenskyj tobt, die deutsche Aussenministerin Baerbock «versteht» ihn nicht, die Medien überschütten ihn mit Vorwürfen.
Die Sünde des Papstes: Er fordert eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg. In einem Interview mit RSI aus dem Tessin sagte er, wenn es auf dem Schlachtfeld nicht gut laufe und man sehe, dass man verliere, dann müsse man «den Mut haben, zu verhandeln. Du schämst dich, aber wie viele Tote wird es am Ende geben? Verhandle rechtzeitig, suche ein Land, das vermittelt», so Franziskus. Weil dabei auch das Wort von der «weissen Fahne» fiel, fallen die Falken nun über die Friedenstaube aus dem Vatikan her.
Plädiert der Papst also für eine bedingungslose Kapitulation von Kiew? Feiert er gar das Recht des Stärkeren?
Natürlich nicht. Franziskus argumentiert, wie es sein Job ist, ganz ethisch, ganz im Sinne der christlichen Nächstenliebe. Er plädiert dafür, dass auf diplomatischem Weg ein Waffenstillsand, später eine Friedenslösung gefunden wird.
Seinen Kritikern ist entgegenzurufen: Wie denn sonst soll der Krieg beendet werden, ausser durch Verhandlungen? Das wäre nur möglich durch einen totalen Sieg der einen und durch eine totale Niederlage der anderen Seite. Also bleibt am Ende nur eines: eben zu verhandeln.
Aber dazu braucht es «Mut», wie der Papst sagt. Oder wie es die österreichische Dichterin Ingeborg Bachmann ausdrückte: «Tapferkeit vor dem Freund».