Der frühere Gesundheitsminister und aktuelle Generalsekretär des Europarates Alain Berset hat viele Gesichter: Seine früheren Mitarbeiter erlebten ihn zuweilen als harten und autoritären Chef. Nach aussen versprüht er dagegen seinen Charme und hat einzelne Frauenherzen höherschlagen lassen.

In seiner neuen Funktion als Generalsekretär des Europarates fiel der Freiburger kürzlich bei einer internationalen Veranstaltung als Selfie-Jäger auf, dem es wichtig scheint, seinen Followern aufzuzeigen, mit was für wichtigen Leuten er heute verkehrt.

Nun offenbart Berset eine weitere Seite seiner vielfältigen Persönlichkeit – jene eines Ratgebers für die Bewältigung von Stress.

Berset hat in Gesprächen mit dem Psychiater und Neurowissenschaftler Gregor Hasler die Covid-Pandemie-Jahre aufgearbeitet. Dieser hat die «Therapiestunden» mit seinem berühmten «Patienten» nun in einem Buch («Der Berset Code») zusammengefasst. Es soll Rückblick sein auf die Pandemiejahre aus ganz persönlicher Sicht – also wie Alain Berset in diesen Jahren mit dem enormen Stress bei der Arbeit und in seinem Privatleben umgegangen ist.

Als Erstes denkt man sich: Wie viele Bücher müssen wir eigentlich noch darüber lesen, dass Berset die Covid-19-Krise trotz grossem Druck «heldenhaft» bewältigt hat?

War nicht Finanzminister Ueli Maurer der wahre Held dieser Krisenjahre, als er von einem Tag auf den anderen gemeinsam mit den Banken sicherstellte, dass die Schweiz wirtschaftlich nicht völlig vor die Hunde ging? Freilich stand der Gesundheitsminister damals unter Druck – wie viele andere Menschen in diesem Land übrigens auch, welche seine zum Teil überzogenen Corona-Massnahmen erdulden mussten. Oder wie Angehörige, die sich von ihren sterbenden Verwandten nicht mehr verabschieden konnten – aufgrund unsinniger Direktiven von Bersets Gesundheitsbehörde.

Der SP-Bundesrat hätte viel Stress vermeiden können, wenn er während der Pandemiephase nicht derart viel Zeit dafür aufgewendet hätte, Journalisten für deren Buchprojekte über ihn Rede und Antwort zu stehen – und wenn ihm just während der Pandemie nicht auch noch eine Liebesaffäre um die Ohren geflogen wäre.