Wer in Zürich oder anderen Städten der Schweiz seine Wohnung räumen muss, weil die Eigentümer teils auf staatliches Geheiss ihre Gebäude energetisch oder lärmdämpfend sanieren wollen oder müssen, findet kaum einen Ersatz. Selbst teure Wohnungen sind in den Städten Mangelobjekte geworden.
Rund 61.000 leerstehende Wohnungen zur Jahresmitte 2022 erwecken zwar den Eindruck, es gäbe ausreichend freie Wohnungen. Aber in den Städten liegt die Leerstandsquote mit 0,38 Prozent in Genf, 0,33 Prozent in Zug oder 0,07 Prozent in Zürich deutlich unter dem Landesmittel von 1,3 Prozent.
In der Stadt Zürich wurde am 1. Juni 2022 mit nur noch 161 freien Wohnungen der tiefste Stand seit 2011 erreicht. Die Leerwohnungsziffer sank innert Jahresfrist von 0,17 auf nur noch 0,07 Prozent.
Diese Misere hat sich die Stadt Zürich selbst beziehungsweise ihrer politischen Führung zuzuschreiben, denn es lohnt sich für rational denkende Investoren in diesem politischen Umfeld kaum mehr, private Wohnanlagen zu errichten.
In der Schweiz halten nicht nur der überspannte Mieterschutz Bauwillige vom Bau neuer Wohnungen ab. Der Kurswechsel der Schweizerischen Nationalbank hat seit Ende 2022 zu einer grossen Verunsicherung geführt, denn potenzielle Bauherren warten nun mit der Umsetzung ihrer Vorhaben ab, bis Klarheit bezüglich der weiteren Zinsentwicklung herrscht.
Geringe Baulandreserven, hohe Landpreise, Einsprachen und langwierige Baubewilligungsverfahren, kombiniert mit einer rigiden Umsetzung der Energie- und Lärmvorschriften, verzögern viele Bauprojekte.
Baubewilligungsverfahren dauern, wie unlängst selbst erlebt, auch heute noch deutlich mehr als ein Jahr. Grössere Sorgen bereiten den Bauherren aber die zunehmende Eigentumsfeindlichkeit der Politik, werden doch Hausbesetzungen toleriert, staatliche Vorkaufsrechte implementiert und Enteignungen gefordert.
In den letzten fünf Jahren wuchs die Bevölkerung jährlich um rund 0,8 Prozent. 2022 betrug die Zunahme 1,16 Prozent oder 102.354 Menschen. Logischerweise müsste der Wohnraum etwa im gleichen Tempo zulegen, das heisst etwa 130 neue Wohnungen pro Tag. Gemäss dem Bundesamt für Statistik verfügte die Schweiz Ende 2021 über 4,69 Millionen Wohnungen. 1 Prozent würde ein Neubauangebot von 47.000 Wohnungen bedeuten.
Aber das Bevölkerungswachstum ist nicht der einzige Treiber der Nachfrage. Immer mehr Menschen wohnen allein und nicht mehr in Grossfamilien. In der Stadt Zürich liegt die Belegung pro Wohnung bei unter zwei Personen. Dazu kommt ein zusätzlicher Raumbedarf pro Kopf, eine Folge des wachsenden Wohlstandes.
Die Zürcher Kantonalbank erwartet für 2023 einen Rückgang der neuerstellten Wohnungen auf 38.000, nach 40.000 im letzten Jahr und 43.000 im Jahr 2021. Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat zwar unlängst den Ernst der Lage erkannt.
Er glaubt, dass 50.000 neue Wohnungen pro Jahr notwendig wären, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen. Aber wer soll so viele Wohnungen erstellen, wenn nicht die vergraulten privaten Bauträger?
Die Baubewilligungen für Mietwohnungen sind seit der Hochkonjunktur im Wohnungsbau 2018 schweizweit und im Kanton Zürich um 25 Prozent gesunken. Damit ist klar, der Wohnungsbau schrumpft auch 2023, und die Leerstandsquote wird weiter fallen.