Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hielt diese Rede am 21. September 2023 bei der Uno-Generalversammlung. Wir dokumentieren sie übersetzt und im Wortlaut.

Herr Präsident der Generalversammlung,

Exzellenzen,

Meine Damen und Herren!

Ich stehe vor Ihnen als Vertreter eines freien und unabhängigen Landes, der Republik Serbien, das sich auf dem Weg zum EU-Beitritt befindet, das aber gleichzeitig nicht bereit ist, den traditionellen Freundschaften, die es seit Jahrhunderten aufgebaut hat, den Rücken zu kehren.

Ich möchte die Stimme im Namen meines Landes erheben, aber auch im Namen derjenigen, die heute, 78 Jahre nach der Gründung der Uno, wahrhaftig und gleichermassen davon überzeugt sind, dass die Grundsätze der Uno-Charta die einzige substanzielle Verteidigung des Weltfriedens, des Rechts auf Freiheit und Unabhängigkeit der Nationen und Länder sind, aber mehr noch, sie sind das Pfand für das blosse Überleben der menschlichen Zivilisation. Die neue globale Welle von Kriegen und Gewalt, die sich auf die Grundlagen der internationalen Sicherheit auswirkt, ist eine schmerzliche Folge, deren Ursache in der Aufgabe der in der Uno-Charta vorgesehenen Grundsätze liegt.

Wir alle, die wir in dieser renommierten Organisation sprechen, sprechen über unsere eigenen Probleme, sehen uns oft mit einem realen oder imaginären Feind konfrontiert, bevormunden unsere eigene Öffentlichkeit und erzählen Märchen über die Zukunft, ohne die Probleme realistisch zu sehen. Wie sieht die Zukunft der Welt aus?

Obwohl wir alle den Worten des Generalsekretärs gelauscht haben, haben nicht viele wirklich zugehört. Und fast keine einzige Weltnachricht hat seine warnenden Worte wiedergegeben. Doch im Zeitalter der Dominanz der sozialen Netzwerke, in dem es nur noch darum geht, ein «Like» mehr zu bekommen, im Zeitalter, in dem jedes Haustier mehr Aufmerksamkeit bekommt als Kinder, ist es kein Wunder, dass wir die Gefahren, die vor uns liegen, nicht erkennen.

Als Präsident eines nicht so grossen Landes kann ich nicht über die Beziehungen zwischen Grossmächten sprechen und habe auch kein Recht dazu. Das ist weder meine Aufgabe, noch könnte ich das tun, aber ich kann und werde darüber sprechen, wie die Missachtung des internationalen öffentlichen Rechts schreckliche Folgen haben kann.

Der Versuch, mein Land in Stücke zu schneiden, der 2008 mit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des sogenannten Kosovo offiziell begann, ist noch nicht beendet. Gerade der Verstoss gegen die Uno-Charta im Falle Serbiens war einer der sichtbaren Vorläufer zahlreicher Probleme, mit denen wir heute alle konfrontiert sind und die weit über die Grenzen meines Landes und der Region, aus der ich komme, hinausgehen.

Ganz allgemein betrachtet, ist die Welt seit unserem letzten Treffen in diesem Saal weder besser noch sicherer geworden. Ganz im Gegenteil. Der globale Frieden und die Stabilität sind weiterhin akut bedroht. Wir stehen weiterhin vor Problemen im Zusammenhang mit der Energiesicherheit, der finanziellen Instabilität sowie der Sicherheit und den Unterbrechungen der Versorgungsketten für Lebensmittel und Medikamente. Wir haben nicht nur keine Lösungen für viele Probleme gefunden, sondern sie sind auch zahlreicher geworden, und einige von ihnen sind sogar noch komplexer geworden. Ich habe auch darüber gesprochen, dass hier niemand auf jemanden hört und sich nicht um echte Vereinbarungen bemüht, und inzwischen reden wir immer weniger miteinander. Es scheint, als ob praktisch alle, die sich nur von ihren eigenen Interessen leiten lassen und auf ihren Positionen beharren, es aufgegeben haben, nach Kompromisslösungen zu suchen.

Meine Damen und Herren,

während wir uns drei Tage hintereinander von diesem Ort aus zur Einhaltung der Grundsätze und Regeln der Uno-Charta verpflichten, ist gerade die Verletzung der entsprechenden Normen die Ursache für die meisten Probleme in den internationalen Beziehungen, und die Umsetzung der doppelten Standards ist eine offene Einladung für all diejenigen, die ihre Interessen durch Krieg und Gewalt durchzusetzen versuchen, indem sie gegen die Normen des Völkerrechts, aber auch gegen grundlegende menschliche Moralvorstellungen verstossen.

Alle bisherigen Redner – und ich glaube, alle, die nach mir sprechen werden – haben über die Notwendigkeit von Veränderungen in der Welt gesprochen und ihr Land als Beispiel für Moral und Engagement für das Gesetz und die Gerechtigkeit in der Welt hervorgehoben. Heute werde ich nicht in Superlativen über mein Land sprechen, über das Wachstum von Gehältern und Renten, Hunderte von Kilometern gebauter Autobahnen und Eisenbahnen, neu gebaute Krankenhäuser und Schulen, Wissenschafts- und Technologieparks, das Institut für künstliche Intelligenz, denn es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ich seine Interessen schütze und dass ich es mehr als alles andere auf der Welt liebe, sondern ich werde über Prinzipien sprechen, die verletzt wurden und die uns in die Situation gebracht haben, in der wir uns heute befinden, und zwar nicht von den kleinen, die oft das Ziel der Angriffe sind, sondern von den mächtigsten Ländern der Welt.

Vor allem von denen, die sich das Recht herausgenommen haben, die ganze Welt über Politik und Moral zu belehren, jeder aus seinem Blickwinkel.

Hier, in diesem Saal, konnten wir erst vor zwei Tagen vom Präsidenten der Vereinigten Staaten den wichtigsten Grundsatz in den Beziehungen zwischen den Ländern hören – die Achtung ihrer territorialen Integrität und Souveränität –, und erst als drittwichtigsten Faktor nannte er die Menschenrechte. Und ich hatte den Eindruck, dass jeder in diesem Saal dies unterstützen kann.

Ich, als Präsident Serbiens, habe das mit unverhohlenem Jubel unterstützt. Das einzige Problem bei all dem war die Tatsache, dass ich wenige Stunden nach seiner Rede in diesen Räumlichkeiten den Präsidenten des sogenannten «Kosovo» sehen musste, der vom mächtigsten Teil des Westens als Präsident eines unabhängigen Landes angesehen wird, das übrigens durch die Abspaltung des Territoriums der Republik Serbien entstanden ist.

Gleichzeitig sagte der deutsche Minister nur wenige Meter von dieser Halle entfernt, dass Deutschland die Uno-Charta und die Uno-Beschlüsse und -Dokumente strikt einhalte und dies niemals aufgeben werde. All das wäre schön, wenn es wahr wäre. Denn fast alle westlichen Mächte haben sowohl die Uno-Charta als auch die Uno-Resolution 1244, die in dieser renommierten Organisation verabschiedet wurde, brutal verletzt, indem sie genau die Prinzipien, die sie heute verteidigen, verleugneten und verletzten, und das geschah vor 24 und genau fünfzehn Jahren.

Zum ersten Mal in der Weltgeschichte trafen die mächtigsten neunzehn Länder die Entscheidung, ohne Beteiligung des Uno-Sicherheitsrates, ich wiederhole, ohne irgendeinen Beschluss des Uno-Sicherheitsrates, ein souveränes Land auf europäischem Boden brutal anzugreifen und zu bestrafen, wie sie sagten, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.

Sie haben nicht laut gelacht, als der russische Präsident genau dieselben Worte benutzte, um seinen Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen. Sie vergassen, dass sie selbst dieselbe Darstellung, dieselben Worte und dieselben Erklärungen verwendet hatten. Wobei ich Ihnen mitteilen möchte, dass Serbien weder einen Fuss auf das Territorium eines anderen Landes gesetzt noch dessen Existenz gefährdet hat; aber vor 24 Jahren hatten die mächtigsten und stärksten Neunzehn keine Gnade mit dem kleinen Serbien.

Selbst als sie mit dieser Aufgabe fertig waren, sagten sie, dass die Kosovo-Frage eine demokratische Frage sei und dass sie in Übereinstimmung mit der Uno-Charta und anderen völkerrechtlichen Dokumenten gelöst werden würde. Und dann, im Widerspruch zu allen, aber wirklich allen Dokumenten des internationalen öffentlichen Rechts, fiel es ihnen 2008 ein, die Unabhängigkeit des sogenannten «Kosovo» zu unterstützen.

Die illegale Entscheidung über die Abspaltung der autonomen Provinz Kosovo und Metochien von Serbien wurde ein Jahrzehnt nach dem Ende des Kriegskonflikts in unserem Land getroffen. Ohne ein Referendum oder eine andere demokratische Form der Stellungnahme für die Bürger Serbiens oder zumindest im Kosovo selbst. Diese Entscheidung wurde zu einem Zeitpunkt getroffen, als Serbien eine Regierung hatte, die sich der europäischen und euroatlantischen Integration verschrieben hatte, und als die Provinz Kosovo und Metochien, ein vollwertiges Mitglied der Vereinten Nationen, aber auch des Europarats, der OSZE und vieler anderer internationaler Organisationen, in ihre Zusammensetzung aufgenommen wurde. Dies hat jedoch die rechtliche und politische Gewalt nicht verhindert, die von denjenigen ausgeht, die heute an vorderster Front von diesem Ort aus predigen.

Sinnlose und nichtssagende Erklärungen wie der Polizeiterror, den die serbischen Behörden ein Jahrzehnt zuvor in der Südprovinz ausgeübt hatten, die humanitäre Krise und die Vertreibung der albanischen Bevölkerung vor Ort waren nur ein Tropfen auf den heissen Stein, um die Gewalt gegen ein souveränes Land zu rechtfertigen und seine Integrität zu untergraben.

Seit dem Sieg der Neunzehn gegen Klein-Serbien haben nämlich 70 Prozent der Serben aus dem Kosovo ihre Heimat verlassen, und es gibt 300.000 Albaner mehr, als es jemals im Kosovo gegeben hat. So viel zum Recht, so viel zur Gerechtigkeit.

Schlimmer als alles andere ist jedoch, dass all diejenigen, die eine Aggression gegen die Republik Serbien begangen haben, heute über die territoriale Integrität der Ukraine schwadronieren, als ob wir die Integrität der Ukraine nicht unterstützen würden, und wir unterstützen sie und werden sie weiterhin unterstützen, weil wir unsere Politik und unsere Prinzipien nicht ändern, ungeachtet der jahrhundertelangen traditionellen Freundschaft mit der Russischen Föderation.

Für uns ist jede Gewalt gleich, jeder Verstoss gegen die Uno-Charta ist gleich, unabhängig von der Stärke der Macht, die sie ausübt, oder von den zwangsläufig ähnlichen Entschuldigungen, die sie für ihr illegales und unmoralisches Verhalten vorbringt.

Aber wenn wir sie nach der territorialen Integrität der Republik Serbien fragen und danach, was sie meinem Land angetan haben, dann ist die Antwort die Gleiche, die Sie alle, die Vertreter kleinerer Länder in der Welt, bei unzähligen Gelegenheiten gehört haben: Gehen Sie nicht zurück in die Vergangenheit, sondern schauen Sie in die Zukunft, denn nur so kann Ihr Land Fortschritte machen. Wenn es um die territoriale Integrität der Ukraine und Serbiens und jedes anderen Landes geht, haben wir alle das Recht, von diesem Podium aus darüber zu sprechen, zumindest ein bisschen mehr als sie.

Ich bin der Präsident Serbiens in meiner zweiten Amtszeit; bei unzähligen Gelegenheiten stand ich unter unterschiedlichem politischem Druck, und ich bin ein politischer Veteran, und was ich Ihnen heute sagen werde, ist für mich das Wichtigste. Prinzipien ändern sich nicht von einem Umstand zum anderen. Prinzipien gelten nicht nur für die Starken, sie gelten für alle. Wenn das nicht der Fall ist, dann sind es keine Prinzipien mehr. Und deshalb glaube ich, dass es in der modernen Welt entweder Prinzipien geben wird und für alle dieselben Regeln gelten werden, oder wir werden als Welt in den tiefsten Spaltungen unserer Geschichte, in den schwierigsten Konflikten und in Problemen enden, mit denen wir nicht fertig werden.

Und noch etwas Wichtiges: Frieden ist ein verbotenes Wort geworden, denn alle haben ihre Lieblinge und ihre Schuldigen. Und der einzige Wert, der den Grossmächten geblieben ist, sind eben die Prinzipien, aber die falschen. Solange es ihnen gutgeht, werden sie sich auf sie berufen. Als sie das erste Mal – wie im Falle Serbiens – mit den Prinzipien nicht einverstanden waren, haben Recht und Gesetz, Gerechtigkeit und Prinzipien gelitten.

Heute herrscht im Kosovo, der südlichen Provinz der Republik Serbien, stumpfe Gewalt, die von den separatistischen Behörden von Albin Kurti gegen die Serben ausgeübt wird.

Erst letzte Woche, nach wer weiss welcher gescheiterten Runde des Dialogs in Brüssel, wandte sich Pristinas Premierminister Albin Kurti, nachdem er den europäischen Vorschlag zur Deeskalation abgelehnt hatte, vor einem der Hauptgebäude der Europäischen Union an die Öffentlichkeit und verkündete vor Millionen von anwesenden Medienvertretern den nicht mehr ganz so vielen verbliebenen Serben im Kosovo und in Metochien, dass die Serben, ich zitiere, «für den Fehler, den sie gemacht haben, leiden und bezahlen werden».

Gibt es eine schlimmere Verhöhnung der Menschlichkeit, der internationalen Ordnung, die auf Regeln und der internationalen Gemeinschaft beruht, als diese Worte? Leider ist das möglich.

Nur einen Tag später, während wir in diesem Saal sitzen, wird ein neues Kontingent von Serben in die Gefängnisse von Kurti gebracht, die aufgrund erfundener Anschuldigungen als Teil seiner Terrorkampagne verhaftet wurden. Viel schlimmer sind jedoch die Massnahmen, die dieses extremistische Regime in den letzten zwanzig Monaten kontinuierlich durchgeführt hat und die sich in der Praxis zusammen mit der wiederholten beschleunigten Vertreibung der verbliebenen Serben zu einer schleichenden ethnischen Säuberung im Herzen Europas entwickeln.

Wie weit der Zynismus dieses Regimes geht, können Sie selbst aus dem folgenden Satz schliessen: Seit die Europäische Union und der US-Aussenminister Antony Blinken Anfang Juni eine Erklärung abgegeben haben, in der sie das einseitige Vorgehen der sogenannten «Regierung des Kosovo» verurteilen, haben die ethnisch motivierten Angriffe auf Serben in unserer südlichen Provinz um 50 Prozent zugenommen, während die Behörden in Pristina im gleichen Zeitraum sogar 22 neue Eskalationsmassnahmen ergriffen haben.

Die serbischen Jungs Stefan Stojanovic und Milos Stojanovic, 11 und 21 Jahre alt, wurden an Heiligabend von Mitgliedern der sogenannten Kosovo-Sicherheitskräfte verwundet, an deren Ausrüstung einige der Anwesenden in diesem Saal beteiligt sind, wohl wissend, dass dies zutiefst illegal ist und dass die blosse Existenz der KSF gegen die Uno-Resolution 1244 verstösst. Sieben unschuldige Zivilisten wurden von den Vertretern der sogenannten «Kosovo»-Institutionen erschossen, die Unterbrechung der Versorgung von Krankenhäusern, Wahlverbote nur für Serben, eine totale Wirtschaftsblockade für serbische Waren, Angriffe auf Kirchen, Friedhöfe, Schulen sind Teil des traurigen Alltags meines Volkes in diesem Teil unseres Territoriums, das durch die gewaltsame Abspaltung entgegen der Uno-Charta geteilt wurde.

Und Sie werden es nicht glauben, obwohl es keinen einzigen verwundeten Albaner gibt, keinen einzigen festgenommenen oder verletzten Albaner ... raten Sie mal: Es ist immer die Schuld beider Seiten. Anders als 1999, als Belgrad und andere Städte in meinem Land bombardiert wurden und die blutige Spur von mehreren tausend toten Zivilisten und Soldaten hinterliessen, in Szenen, die denen ähneln, die wir heute leider in verschiedenen Teilen der Welt sehen, wenn ein offensichtlicher Terror – von dem sie selbst sagen, dass er an das erinnert, was den Albanern widerfahren ist – gegen Serben geschieht, gibt es keine humanitäre Katastrophe, es gibt keinen Aufruf zum Handeln, es gibt nichts. Sie machen sich nur Sorgen und zucken mit den Schultern, aber wenn sie Entscheidungen treffen müssen, werden immer «beide Seiten» schuld sein, wie sie sagen.

Und in einer solchen Welt glaube ich, dass ein kleines Serbien, indem es seine Stimme erhebt und für die universellen Werte der Prinzipien der Unverletzlichkeit der international anerkannten Grenzen, der territorialen Integrität, der Souveränität und der politischen Unabhängigkeit kämpft, ein Beispiel für den Kampf für das Recht gibt, das hier, sogar in diesem Gebäude, abgeschafft wurde, und die Prinzipien schützt, aus denen die Welt bestehen sollte, mit seiner nicht so grossen Stärke, aber mit seiner überragenden Entschlossenheit und seinem Mut.

Wir haben die Grundsätze nicht zum Zwecke der Tagespolitik und unserer eigenen Bedürfnisse geändert. Und so wie wir die Integrität Serbiens bewahren, verteidigen wir die Integrität eines jeden Uno-Mitgliedstaates.

Es ist nur ein bisschen traurig, dass all die Grossen, die sich nicht für Recht und Gerechtigkeit interessieren, sich unter verschiedenen Umständen auf die Prinzipien berufen, die sie in dem jeweiligen Moment für am besten geeignet halten. Wenn man eine solche Politik verfolgt, wenn es keine Moral in der Weltpolitik gibt, dann ist es klar, dass wir im Begriff sind, in die Ära der grossen Spaltungen und grossen Konflikte einzutreten. Und zwar nicht nur politische und wirtschaftliche, sondern auch militärische.

Und gerade in dieser schwierigen Situation sind die Vereinten Nationen die letzte wesentliche Plattform, die uns alle zusammenbringt, ungeachtet all unserer Unterschiede und Trennungen. Ich glaube, dass das Engagement für Frieden und Entwicklung, der Wunsch, Streitigkeiten durch Dialog zu lösen, gemeinsame Wege zu finden, um menschliches Leid zu beenden und eine wohlhabendere und stabilere Zukunft zu gewährleisten, genau das ist, was uns eint.

Deshalb unterstützen wir alle wichtigen Reformprozesse der Uno-Organisation selbst, einschliesslich der Initiativen des Uno-Generalsekretärs, in vollem Umfang.

Zur Erhaltung des Weltfriedens und damit wir nicht alle in einem von Grossmächten geführten darwinistischen Konflikt untergehen, müssen wir unsere Kräfte bündeln, wie vor 78 Jahren, im gemeinsamen Kampf für eine internationale Ordnung auf der Grundlage der Uno-Charta. Es wäre viel klüger und besser für unsere Kinder, dies vor dem Weltkrieg zu tun als danach, wenn es zu spät ist.

Meine Damen und Herren!

Die Einhaltung der Uno-Charta ist keine Wahl, sondern eine Verpflichtung. Wie ich bereits bei der Nennung einiger Namen gesagt habe, hatten wir schliesslich Gelegenheit, dies bei den vorangegangenen Vorträgen der meisten meiner Kollegen zu hören, als wir unter anderem über das Thema sprachen, das immer noch in allen Foren dominiert – den Konflikt in der Ukraine.

Ich stimme mit ihnen überein, wenn es um die Notwendigkeit geht, die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine zu respektieren, die die Republik Serbien von Anfang an konsequent vertreten hat. Wir haben solche Appelle seit Jahrzehnten immer wieder vorgebracht, aber mit einem wesentlichen Unterschied: Serbien unterstützt die territoriale Integrität und Souveränität aller Uno-Mitgliedstaaten. Ich wiederhole: ALLER Mitgliedstaaten.

Daher ist es für mich schwer zu verstehen, dass einige immer noch nicht konsequent handeln, wenn es um die Notwendigkeit geht, die territoriale Integrität Serbiens zu respektieren, und dass sie nicht verstehen, dass die selektive Anwendung von Prinzipien zu ausgeprägten Spaltungen, einem Mangel an Solidarität und gegenseitigem Verständnis führt.

Ich möchte jedoch der globalen Mehrheit von ganzem Herzen danken. Deutlich mehr als die Hälfte der Uno-Mitgliedstaaten in unserem Beispiel unterstützt die Uno-Charta, und sie unterstützen nicht die gewaltsame Teilung meines Landes. Ich bin froh, dass für die Mehrheit der Uno-Mitgliedstaaten eine Doppelmoral nicht in Frage kommt.

Wir sind Ihnen allen zutiefst dankbar, dass Sie selbstlos unsere Bemühungen um die Wahrung der territorialen Integrität unterstützen und damit Ihr Engagement für die Uno-Charta unter Beweis stellen. Indem Sie heute ihre Grenzen schützen, schützen Sie Ihre Grenzen und bewahren den Frieden. In Ihrem wie auch in unserem Namen werden wir weiterhin Jahr für Jahr betonen, dass die Verteidigung der Grundsätze gleichbedeutend ist mit der Verteidigung von Freiheit, Unabhängigkeit und Frieden.

Wir haben oft den Eindruck, dass die Diskussion mit der Regierung in Pristina eher einem Monolog als einem Dialog gleicht, denn es ist schwer zu erklären, warum mehr als zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Brüsseler Abkommens und der Übernahme von Verpflichtungen die Gemeinschaft der Gemeinden mit serbischer Mehrheit noch nicht gegründet wurde.

Die Republik Serbien, ihre Regierung und alle Institutionen arbeiten mit voller Kraft an der Aufrechterhaltung des Dialogs mit Pristina unter der Schirmherrschaft der EU. Das ist unsere Aufgabe.

Der Dialog ist nur möglich, wenn wir uns alle – auch die europäischen Vermittler – fest an das halten, was vereinbart wurde.

Ein Ungleichgewicht, bei dem Serbien immer wieder Zugeständnisse machen muss, führt nicht zu einer Lösung. Im Gegenteil.

Wie ich bereits zu Beginn meiner Rede gesagt habe, ist Serbien auf dem Weg nach Europa, bereit, sich zu verändern, zu reformieren und Fortschritte zu machen. Heute arbeitet Serbien in fast allen Bereichen sehr gut mit den USA zusammen, und wir glauben, dass unsere Beziehungen in Zukunft nur noch besser werden können.

Gleichzeitig wird Serbien seine grossen und traditionellen Freundschaften auf allen Kontinenten pflegen und ist stolz auf seine guten Beziehungen zu allen Nationen und Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika.

Wir trennen die Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe oder ihrer Religionszugehörigkeit, deshalb sind unsere Beziehungen zur Volksrepublik China, zur Republik Korea, zu Japan und zu vielen arabischen und anderen muslimischen Ländern auf höchstem historischen Niveau. Auch mit der Russischen Föderation kappen wir nicht unsere historischen Beziehungen.

In der Überzeugung, dass der Dialog der einzige Weg ist, um eine Kompromisslösung zu finden, setzt Serbien weiterhin auf diesen Prozess, um ein friedliches Zusammenleben von Serben und Albanern zu ermöglichen. Für den Frieden und die Stabilität in der Region gibt es keine Alternative. Mit dieser Überzeugung gehen wir an alle von der EU geförderten Gespräche heran.

Wie viele von Ihnen vielleicht wissen, sind unterschiedliche Interpretationen der Geschichte die Ursache für viele Meinungsverschiedenheiten und offene Fragen in unserer Region. Ich glaube an die Zukunft, und ich glaube, dass wir durch gemeinsame Anstrengungen immer noch die Möglichkeit und die Fähigkeit haben, Unterschiede zu überwinden und uns auf das zu konzentrieren, was uns verbindet – die Sorge um das Wohlergehen unserer Nationen. Wir wollen Brücken bauen, keine Mauern. Wir müssen in die Zukunft blicken. Wir müssen vorankommen und jede Chance für wirtschaftliches Wachstum, Konnektivität und Ideenaustausch nutzen. Heute haben wir eine gemeinsame Maut-Erhebung von Belgrad bis fast zur Adria, und bald werden wir sie bis zur Ägäis haben. Wir öffnen die Grenzen auf dem Balkan, wir öffnen den Arbeitsmarkt und ermöglichen den freien Fluss von Menschen, Waren und Kapital.

Genau dies war der Leitstern und Initiator der Initiative «Offener Balkan», die bisher konkrete Ergebnisse erbracht und die regionale Eigenverantwortung für die Prozesse der wirtschaftlichen Vernetzung der Region gestärkt hat. Die Initiative «Offener Balkan» hat auch die politische Atmosphäre verbessert. Wir haben einen solchen Ansatz für alle unsere Nachbarn, und unser Hauptinteresse ist es, die Stabilität in der Region zu erhalten und eine möglichst intensive Zusammenarbeit in allen Bereichen zu erreichen. Diese Prozesse sind sicherlich untrennbar mit unseren Bemühungen verbunden, ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union zu werden, was gleichzeitig eine der wichtigsten Prioritäten unserer Aussenpolitik ist.

Diese Priorität schliesst unser Engagement für die Entwicklung der Zusammenarbeit und die Vertiefung der Beziehungen zu unseren traditionellen Freunden aus allen Teilen der Welt nicht aus, für die wir ein zuverlässiger und verantwortungsvoller Partner bleiben. Wir werden uns bemühen, bestehende Freundschaften zu stärken und neue aufzubauen, sowohl auf bilateraler Ebene als auch durch die Teilnahme an Initiativen und Foren in verschiedenen Regionen der Welt. Die jüngste Bestätigung, dass die geografische Entfernung kein Hindernis für die Zusammenarbeit sein sollte, ist der jüngste Beitritt der Republik Serbien zum Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit in Südostasien (TAC).

Ausserdem sind wir stolz darauf, dass sich uns die einmalige Gelegenheit bietet, dass der Geist der Freundschaft, von dem ich spreche, in Belgrad zu spüren sein wird, wo die Fachausstellung Expo 2027 stattfinden wird. Wir sind all jenen dankbar, die uns unterstützt und Vertrauen in uns gesetzt haben. Vielen Dank, liebe Freunde.

Meine Damen und Herren,

nach langen Verhandlungen und mit viel Optimismus wurde in diesem Saal die Agenda 2030 – ein Aktionsplan für Menschen, Planeten und Wohlstand angenommen, mit der wir uns verpflichtet haben, dass «niemand zurückgelassen wird».

Auf halbem Weg zur gesetzten Frist für die Verwirklichung der Ziele der Agenda gibt es noch einen Funken Hoffnung, dass wir die gegebenen Versprechen erfüllen können, obwohl es viele Gründe zur Sorge gibt. Neben den Fortschritten, die in bestimmten Bereichen erzielt wurden, sind wir leider immer noch mit den grundlegenden existenziellen Problemen wie Armut, Hunger und Ungleichheit konfrontiert.

Serbien unternimmt maximale Anstrengungen, um eine stabile und sichere Zukunft zu gewährleisten und gleichzeitig eine Politik zu initiieren, die auf den Zielen der nachhaltigen Entwicklung basiert. Zu den bisherigen Ergebnissen zählen unter anderem: die Entwicklung von Instrumenten zur Einbeziehung des Grundsatzes «Niemand wird zurückgelassen» in unsere legislativen und strategischen Dokumente sowie die Beteiligung an globalen Initiativen und deren Umsetzung auf nationaler Ebene in den Bereichen nachhaltige Lebensmittelsysteme, Umgestaltung der Bildungssysteme und Stadtentwicklung.

Wir haben die vierte industrielle Revolution und die neuen Technologien als eine Entwicklungschance begriffen, die wir nicht verpassen dürfen. Deshalb investieren wir weiter in die Infrastruktur, in Wirtschaftsreformen und in die Schaffung eines besseren Geschäftsumfelds. Digitalisierung und Bildung gehören zu unseren wichtigsten Prioritäten.

Auch die Notwendigkeit, neue Wachstumsquellen zu erschliessen, wurde erkannt. Deshalb konzentrieren sich unsere künftigen Aktivitäten auf Innovation, Forschung und Entwicklung sowie die Kreativwirtschaft. Serbien ist das erste Land in der Region Südosteuropa, das der Globalen Partnerschaft für künstliche Intelligenz beigetreten ist und bereits 2019 eine Entwicklungsstrategie in diesem Bereich verabschiedet hat. Der im Bau befindliche Bio4 Campus ist ein einzigartiger multidisziplinärer Komplex für Forschung und Entwicklung in den Naturwissenschaften, der zu einem der wichtigsten bioökonomischen Zentren in Europa werden soll.

Wir sind fest davon überzeugt, dass Wissen und Wissenschaft eine der Schlüsselrollen bei der Beschleunigung der Aktivitäten zur Umsetzung der Agenda 2030 spielen. Daher bin ich stolz darauf, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf Vorschlag der Republik Serbien und gleichgesinnter Länder eine Resolution angenommen hat, in der der Zeitraum von 2024 bis 2033 zur Internationalen Dekade der Wissenschaft für nachhaltige Entwicklung erklärt wird.

Wir tun dies alles für die zukünftigen Generationen. Ich glaube, dass die Einbindung der Jugend in die Umsetzung der Agenda 2030 eine wichtige Voraussetzung für ihren Erfolg ist, denn die Jugend ist zweifelsohne der wichtigste Entwicklungsmotor jeder Gesellschaft.

Exzellenzen,

ich glaube, wir sind uns alle bewusst, dass es ohne Frieden keine Entwicklung gibt. Genau wie Nelson Mandela sagte: «Frieden ist die grösste Waffe für Entwicklung, die jeder Mensch haben kann.» Daran müssen wir glauben und gemeinsam daran arbeiten. Conditio sine qua non ist in erster Linie das Gespräch, das Zuhören und der Versuch, den anderen zu hören und zu verstehen. Es gibt keine Alternative zum Frieden.

Abschliessend möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um die Vertreter aller Uno-Mitgliedstaaten zur Teilnahme an der Weltausstellung Expo 2027 in Belgrad einzuladen. Die Hauptstadt Serbiens, eine kosmopolitische Metropole mit zwei Millionen Einwohnern, ist Ihr Zuhause, und wir heissen Sie herzlich willkommen zur Teilnahme an der bisher freiesten und vielfältigsten internationalen Ausstellung. Kommen Sie nach Belgrad, um gemeinsam die Menschheit zu feiern.

Ich weiss, dass ich viel länger geredet habe, als ich gefragt wurde, aber ich habe mir das gleiche Recht gegeben, das sich die Grossmächte selbst gegeben haben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.