Es geht nicht um Moral oder Gerechtigkeit, mithin nicht um die Frage, ob gezielte Tötungen von Terroristen ethisch vertretbar sind. Es geht hier allein um die Frage, ob mit gezielten Tötungen von Terroristen das Ziel der Auftraggeber erreicht wird: ein Terrornetzwerk zu schwächen oder gar lahmzulegen.

Israels Regierungen sind fest davon überzeugt, dass sie mit gezielten Tötungen für mehr Sicherheit sorgen. Dabei zeigen die meisten Beispiele, dass dem nicht so ist. Sobald ein Terrorfürst tot ist, hat er binnen kurzer Zeit einen Nachfolger. Oft ist dieser sogar noch brutaler oder gefährlicher als sein Vorgänger.

Viel spricht dafür, dass die jüngsten Ermordungen des ranghohen Hisbollah-Befehlshabers Fuad Shukr in Beirut, des politischen Führers der Hamas, Ismail Haniyeh, in Teheran sowie die gezielte Tötung von Mohammed Deif, dem militärischen Befehlshaber der Hamas in Gaza, Beispiele für diese These liefern werden.

Gezielte Tötungen sind in der Regel das Resultat exzellenter Geheimdienstinformationen. Aber sie erreichen nicht den erhofften Zweck, wie ein kurzer Blick auf vergangene Operationen zeigt.

So wurde 1995 der Chef des Islamischen Dschihad Fathi Schakaki mit einem Kopfschuss getötet. Die Terrorgruppe wurde nicht geschwächt. Ein Jahr später wurde der als «Ingenieur» und Bombenbauer bekannte Jehija Ajasch umgebracht. Bis heute produzieren Islamisten Bomben.

Im Jahr 2004 wurde der Top-Hamas-Führer Abdel Asis Rantisi getötet, um, wie es in Israel hiess, Terrorattacken zu verhindern. Das Ziel wurde nicht erreicht. Rantisi war der Nachfolger des Hamas-Gründers Scheich Jassin, der wenige Monate zuvor durch einen Raketenangriff umgebracht worden war, um die Hamas zu schwächen.

Heute klingt das wie ein schlechter Witz. Auch im Libanon haben gezielte Tötungen nicht das erreicht, was man sich in Israel erhofft hatte. Hassan Nasrallah, der Chef der Hisbollah, wurde 1992 nach der Ermordung seines Vorgängers Sayyid Abbas al-Musawi durch israelische Streitkräfte zum Anführer der Gruppe ernannt.

Mässigung? Keine Spur. Nasrallah ist der gefährlichere Terrorist als Musawi.

Haniyeh, der diese Woche in Teheran starb, war zwar gewiss kein Unschuldslamm. Aber seine Ermordung in der Haupstadt nach der Amtseinführung des neuen iranischen Präsidenten, die weithin Israel zugeschrieben wird, sei ein Flirt mit einer grossen Eskalation, schreibt der israelische Ex-Diplomat Alon Pinkas.

Die nächsten Tage werden zeigen, ob er recht hat.