Die beste Rolle, die sie je spielte, war sich selbst in ihrem eigenen Film des Lebens. Sie war gut als Cynthia in «Schnee am Kilimandscharo», als Eloise Kelly in «Mogambo» auch, aber am besten spielte sie Ava Gardner. Dass sie sich spielte, lag daran, dass sie als eine Göttin galt, als eine der Verführung und der Lust, als das raubeinigste unter all den Himmelsgeschöpfen Hollywoods, das wusste, dass Glück für Göttinnen noch weiter weg ist als für Menschen.
Sie war eine Glückssucherin, die mit Champagner und Cognac durchs Leben mal flog, mal torkelte, und als Kompass hatte sie sich die Liebe ausgesucht. Drei Mal war sie verheiratet, mit dem Schauspieler Mickey Rooney, dem Musiker Artie Shaw und zuletzt mit Frank Sinatra, den sie liebte, der aber nur sich selbst lieben konnte, sie trennten sich nach zwei Jahren. Avas Kompass hatte sie wieder einmal zu jenen Feldern der Liebe geführt, die viel zu wenig von der Sonne beschienen wurden.
Kompass zeigte nach Norden
Gardner floh nach Europa, nach Spanien, drehte mit Humphrey Bogart «Die barfüssige Gräfin» und verliebte sich erneut, dieses Mal in einen Stierkämpfer, den besten seiner Zeit, Luis Miguel Dominguín, der fast so viele Frauen liebte, wie er Stiere tötete. Hemingway hatte die beiden miteinander bekannt gemacht. Nie verliess der Matador seine Frau und seine Kinder für Ava, und dennoch blieb sie, folgte ihm durch ganz Spanien, jahrelang, er war ihr Kompass geworden.
Dann kam der «Dangerous Summer», 1959, Hemingway reiste ein halbes Jahr durch ganz Spanien den Corridas hinterher, Ava Gardner im Schlepptau. Tagsüber erlegte Dominguín Stiere, abends Ava. Dominguín schrieb ihr Gedichte, sie flüsterte ihm zärtliche Worte. Das Geheimnis ihrer Liebe war die Unmöglichkeit, sie zu Ende zu bringen, wenn man das so sagen kann, die Leben für immer zusammenzulegen, zu heiraten, die Liebe zu domestizieren. So waren die beiden wohl eher für ewig Verliebte, vereint in den Tagträumen der Liebe.
1968 verliess Ava jene Liebe, die sie nie besitzen konnte. Warum ist nicht klar. Vielleicht war sie nicht mehr blind genug oder stark genug, Dominguíns andere Affären zu ertragen, jene mit Lana Turner, Rita Hayworth oder Lauren Bacall. Die Nadel ihres Kompasses zeigte nach Norden, sie zog nach London, wo der Film ihres Lebens an Farbe verlor und ihre Göttlichkeit an Strahlkraft.
Nicht, dass sie verbittert gewesen wäre wegen all der gescheiterten Lieben, wegen der beiden Schwangerschaften, die sie einst hatte abbrechen lassen, um ihre und Sinatras Karriere nicht zu gefährden, wegen der Mittelmässigkeit ihrer Schauspielkunst, die vom Licht ihres Sex-Appeals in den Schatten gedrängt wurde. Sie träumte weiter von der Liebe, einer kindlichen fast. Sie würde so gerne barfuss kochen für einen Mann, der bleiben würde, sagte sie.
In jedem Leben steckt eine Tragödie, und vielleicht war das jene von Ava, dass, wie sie sagte, «ich nur glücklich bin, wenn ich nichts tue». Das Glück in einer umfassenden Passivität zu vermuten, gibt es einen erschöpfenderen Satz über das Dilemma des Seins, das im Handeln zwar sein Werden findet, aber gleichzeitig seine Vergänglichkeit, seine Freude und seinen Schmerz?
Leiden in Rollen
Als sie alt wurde und einsam und nur noch mit ihrem Hund und einer dunklen Sonnenbrille im Hyde Park spazieren ging, ziellos, sagte sie in einem ihrer letzten Interviews: «Ich hätte nur jene Rollen in meinem Leben spielen sollen, die mich nicht hätten leiden lassen.»
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