Die mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Elektrizitätsgesellschaften haben diese Hiobsbotschaft erst nach der Abstimmung über das «Stromfressergesetz» veröffentlicht, obwohl ihnen das Ergebnis schon vor der Abstimmung bekannt war. Die Verheimlichung diente wohl dazu, die ahnungslosen Ja-Stimmenden nicht zu vergraulen. Ein solches Verhalten ist unehrlich und verwerflich.

Die Energiekriese werde dazu führen, dass die Mehrheit der Grundversorger auch 2024 die Strompreise erhöhen müssten. Eine Umfrage des VSE (Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen) bei 135 ihrer 600 Mitglieder zeige, dass die Strompreise für die Haushalte 2024 um weitere drei Rappen, das sind 12 Prozent, zulegen werden. Das macht 120 Franken im Jahr. Und dies, nachdem die Konsumenten bereits 2023 rund 27 Prozent oder sechs Rappen mehr für ihren Strom bezahlen mussten.

Pro Durchschnittshaushalt rechnet man mit einem Stromverbrauch von etwas über 4000 kWh, so dass sich der Aufschlag auf rund 120 Franken pro Jahr belaufen wird. Aber dies ist noch nicht alles, denn die Netznutzungstarife für das Verteilnetz sind noch nicht bekannt. Auch hier ist teilweise mit höheren Kosten zu rechnen. Ferner kommen die Kosten für die Notfallmassnahmen (Wasserkraftreserve, Reservekraftwerke, Notstromgruppen) hinzu, die 2024 erstmals in den Netznutzungstarif einfliessen und damit zum Strompreisanstieg beitragen.

Die definitiven Zahlen mit allen Komponenten werden wie üblich Ende August bekannt sein, Die Festlegung der Strompreise in der Grundversorgung erfolgt nach klaren gesetzlichen Vorgaben und wird von der Eidgenössischen Elektrizitäts-Kommission Elcom überwacht. Bis Ende August müssen die Grundversorger der Elcom ihre definitiven Tarife für das Folgejahr bekannt geben. Werden sie genehmigt, treten sie per 1. Januar des Folgejahres in Kraft.

Die Preiserhöhungen erfolgen, obwohl die grossen Stromgesellschaften 2022 Milliardengewinne geschaufelt haben. Sie werden auch 2023 und 2024 satte Gewinne erwirtschaften, die sie zum Aufbau eines finanziellen Sicherheitspolsters und für Investitionen in die Energiewende einsetzen werden.

Der VSE gibt selbst zu, dass für die Transformation des Energiesystems auch die Stromnetze um- und ausgebaut werden müssen, wofür grosse Investitionen (und damit auch Finanzierungen) notwendig sein werden.

Die Energieknappheit und die dadurch verursachten Mehrkosten sind eine Folge der Energiewende. Die Stromkonsumenten stecken somit bereits mitten in der Finanzierung der Energiewende, die gemäss Aussagen von Ex-Energieministerin Leuthard nur 40 Franken pro Haushalt und Jahr kosten soll. Und sie behauptete Ende März 2017 in einem Interview mit der Aargauer Zeitung, die Strompreise würden bis 2035 dank neuen Technologien fallen. Und sie gab noch einen drauf und bezeichnete die wesentlich höheren Zahlen der SVP, die damals von 3200 Franken sprach, als hanebüchen.

Die Strompreise im internationalen Handel haben zwar im August 2022 ihre historischen Höchstwerte überschritten und sind seither massiv, um rund 80 Prozent, zurückgekommen. Sie liegen wieder auf dem Niveau von vor dem Ukraine-Krieg. Aber unsere Versorger haben zu sehr hohen Preisen Energie für das Jahr 2024 und die Folgejahre eingekauft. Vier von fünf Elektrizitätsversorgungs-Unternehmen (EVU) beziehen gemäss dem VSE ihren Strom grossmehrheitlich am Markt, die anderen produzieren ihn hauptsächlich selbst. Rund 75 Prozent der EVU, die grossmehrheitlich am Markt einkaufen, beschaffen den Strom langfristig, zwei bis drei Jahre im Voraus. Diese übersetzten Einkaufspreise werden nun auf die Haushalte abgewälzt.

Die brutale Realität hat die Wunschdenker bereits zwei Tage nach der Abstimmung eingeholt.