Ein Tisch, ein Stuhl, ein Glas Wasser, ein paar Bücher. Emil Steinberger braucht weder aufwendige Bühnenbilder noch Spezialeffekte. Der Luzerner betritt die Bühne, als sei er zufällig vorbeigekommen, öffnet den Knopf seines Vestons und setzt sich auf den Holzstuhl. Bescheiden, unaufdringlich. Und er kommt mit seinem aktuellen Programm «Emil schwatzt und schnädered» so gut an, als wäre die Zeit spurlos an ihm vorbeigegangen. Selber sagt er mit verschmitztem Lachen: «Schon als ich 80 war, konnte ich es kaum glauben – und nun …»
Steinbergers Karriere begann 1950 im Pfarrsaal von Luzern – mit einer Nummer über Ferdy Kübler. 73 Jahre später gehört er in der Schweiz quasi zum Inventar. Er öffnet den Zuschauern die Augen für die Skurrilität des Alltags. «Die schönsten Geschichten schreibt das normale Leben. Es ist schwierig, etwas zu erfinden, das so gut tönt wie die Wahrheit.» Er erzählt, wie er nach einem Auftritt in Deutschland nur noch einen Flug nach Basel kriegte, sein Auto aber in Zürich stand. Wegen Nebel musste die Swissair ausweichen – nach Zürich. «Die anderen Passagiere hatten das Gefühl, ich hätte das inszeniert.»
Dabei hätte eigentlich schon vor 36 Jahren alles vorbei sein können. 1987 schickte Steinberger «Emil» in Pension. 1993 zog er nach New York. Nach seiner Rückkehr hielt er «kabarettistische Lesungen» aus seinen Büchern: «Wahre Lügengeschichten» und «Emil via New York». Als er in Köln in einer Buchhandlung plötzlich vor 600 Zuschauern stand, reifte die Idee eines Comebacks: «Es bringt niemandem etwas, wenn die Leute den Auftritt auf dem Trottoir erleben.» Ob er nun den alten Emil oder den neuen Steinberger spielt, lässt er auch heute offen: «Der frühere Emil hat sich zu mir ins Programm geschlichen. Und so kann man in meinem Programm Steinberger und Emil gemeinsam erleben. Versuchen Sie doch, die beiden auseinanderzuhalten.»
In einer Zeit, in der sich die Kabarettisten selber zu Stand-up-Comedians befördern und am lautesten über die eigenen Pointen lachen, setzt Steinberger einen Gegentrend. Er steht im Mittelpunkt, ohne sich in den Vordergrund zu schieben. «Emil ist der Grund, warum wir die Schweiz so lieben!», sagte der bayerische Kabarettist und Schauspieler Ottfried Fischer einst über die Ausstrahlung seines Berufskollegen in Deutschland. Heute wird Emil Steinegger 90 Jahre jung.
Wir wünschen ihm alles Glück der Erde: Gesundheit, Zufriedenheit, Erfolg und ganz viel Zeit mit seiner Ehefrau Niccel. Und wir freuen uns schon jetzt auf das erste volle Jahrhundert mit dem lustigsten Schweizer der Welt.