Seit Wochen sorgen propalästinensische Proteste und Demonstrationen an amerikanischen Universitäten für Schlagzeilen. Worum es geht und wie sich das auf die US-Wahlen auswirken könnte, erklärt Eytan Gilboa*, einer der besten Kenner der israelisch-amerikanischen Beziehungen.

Weltwoche: Herr Gilboa, wurden Sie von der landesweiten Studentenbewegung gegen Israels Behandlung der Palästinenser überrascht?

Eytan Gilboa: Ganz und gar nicht. Ich werde jedes Jahr als Gastprofessor an amerikanische Universitäten eingeladen. Dabei bin ich stets Zeuge eines Prozesses, der bereits vor drei Jahren begann und sich jetzt akzentuiert hat.

Weltwoche: Was war vor drei Jahren der Auslöser?

Gilboa: Es begann nach der UN-Konferenz gegen Rassismus im Jahr 2021, bei der Israels Konflikt mit den Palästinensern eines der Hauptthemen war. Seither beobachte ich auf US-Campus eine organisierte Kampagne gegen Israel, aber auch gegen die USA.

Weltwoche: Ist das spontan oder organisiert?

Gilboa: Es stecken vor allem arabische Geldgeber dahinter, insbesondere aus Katar.

Weltwoche: Wie muss man sich das konkret vorstellen? Wie fliessen die Gelder?

Gilboa: Mehrere Studien zeigen, dass sich die Sponsoren mehrerer Kanäle bedienen. Manchmal überweisen sie die Gelder an Wohltätigkeitsstiftungen, ein anderes Mal an Wohltätigkeitsorganisationen oder an muslimische Verbände. Damit wird der wahre Zwecke der Geschenke getarnt. Das Versteckspiel geht dann weiter. Die Spenden gehen zum Beispiel an «National Students for Justice in Palestine», aber auch an linke jüdische Studenten, die sich in der Jewish Voice for Peace zusammengeschlossen haben. Sie organisieren alle Arten von Anti-Israel-Aktivitäten auf den Campus in den USA. Zweitens haben sie sich mit anderen Bewegungen und Organisationen zusammengetan, vor allem mit progressiven und solchen, die Minderheiten vertreten, zum Beispiel aus der Dritten Welt. Das läuft seit Jahren so. Auch stammen viele Studenten aus dem Mittleren Osten und bezahlen die vollen Studiengebühren. Diese Einnahmen wollen die Hochschulen nicht aufs Spiel setzen, indem sie gegen die propalästinensischen Demonstranten vorgehen. Vor allem aber erhalten die Hochschulen und deren Institute reichlich Zuwendungen aus dem arabischen Raum.

Weltwoche: Um wie viel Geld handelt es sich?

Gilboa: Es wird geschätzt, dass allein Katar in den letzten fünfzehn Jahren etwa eine Billion Dollar an amerikanische, aber auch an europäische Universitäten überwiesen hat.

Weltwoche: Was ist das Ziel dieser Grosszügigkeit?

Gilboa: Sie wollen die amerikanischen Universitäten besetzen und letztlich auch erobern. Dabei haben sie ein ganz bestimmtes Ziel im Auge. Sie wollen die Ausbildung an den Top-Universitäten beeinflussen, wo die zukünftigen Führungskräfte geschult werden, also zum Beispiel Harvard, MIT, Columbia, University of Pennsylvania, Stanford University, University of Berkeley, University of California, Los Angeles, USC oder University of Southern California, wo ich unterrichte.

Weltwoche: Universitäten lassen die Proteste zu, indem sie sich auf die Redefreiheit berufen, die in einem Verfassungszusatz garantiert ist.

Gilboa: Da muss ich vehement widersprechen. Was da seit einigen Tagen abgeht, hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Was wir beobachten – und zwar nicht erst seit dem 7. Oktober, als der Gazakrieg begann –, kann man nur als äusserst aggressives Verhalten bezeichnen. Und viele, die auf den Campus ihre Zelte aufgeschlagen haben, sind keine Studenten, sondern politische Aktivisten. Es sind Mobs. Sie sind zum Beispiel diese Woche in ein Verwaltungsgebäude der Columbia University eingebrochen, haben Fenster eingeschlagen und Möbel zerstört. Oder sie klopften an die Tür eines jüdischen Studentenwohnheims, bedrohten Leute und verjagten sie. Die Gewalt habe ich übrigens selber erlebt, und zwar während Jahren, als ich an sieben US-Universitäten Vorlesungen hielt.

Weltwoche: Was geschah?

Gilboa: Studenten versuchten, mich auszusperren. Das ist mir in den letzten zehn Jahren sieben Mal passiert. Amerikanische Studenten griffen mich nur deshalb an, weil ich Israeli und Jude bin.

Weltwoche: Im Herbst wird der nächste US-Präsident gewählt. Laut Prognosen ist das Rennen sehr knapp. Kann die Gewalt an den Hochschulen das Resultat beeinflussen?

Gilboa: Joe Biden ist besorgt über die Stimmen der Muslime, der jungen Wähler und der Progressiven, die sich gegen seine Unterstützung für Israel ausgesprochen haben. Deshalb zögert er, Massnahmen zu ergreifen. Das aber könnte ihn Stimmen von jüdischen Wählern kosten. Was auch immer er unternimmt oder nicht unternimmt: Am Ende wird er vielleicht von keiner dieser Gruppen genügend Stimmen bekommen, um die Wahl für sich zu entscheiden.

*Eytan Gilboa ist Direktor des Zentrums für internationale Kommunikation an der Bar-Ilan-Universität und hatte mehrere Gastprofessuren in den USA.

Die 3 Top-Kommentare zu "Antiisraelische Protestwelle in den USA: «Sie wollen die Universitäten besetzen und erobern» – ein Insider erklärt, wie reiche Golfländer mit Milliarden die amerikanischen Eliteunis unterwandern"
  • Al Bühler

    Wir Westler sind nicht mehr Herr im eigenen Haus. Es ist jetzt angezeigt, gewisse Machenschaften zu unterbinden und gewissen Herrschaften die Tür zu weisen. Und wir wissen ja, wer im Innern ständig Bremsklotz spielt: Diese Kreise gehören konsequent abgewählt und es muss endlich untersucht werden, inwiefern auch hier Geldströme fliessen.

  • 😢◕‿◕😢

    Wie Gates und Soros haben auch die Saudis appetit auf die Weltherrschaft!

  • herby51

    Würde soetwas in Russland passieren würden die MsM ein riesen Theater machen wegen den vielen verhafteten Protestierenden.Die antidemokratischen USA dürfen sich einfach alles erlauben.Wie gestern in den Nachrichten des SRF immer wieder kam:Die demokratischen G7 haben beschlossen!!!! Was soll da demokratisch sein?