Man stelle sich vor, die bis auf die Zähne bewaffneten Beamten des Bundesamts für Polizei (Fedpol) hätten im Parlamentsgebäude den SP-Präsidenten Cédric Wermuth oder Co-Präsidentin Mattea Meyer körperlich angegangen. Der empörte Aufschrei der Linken und der Medien über diese übergriffige staatliche Repression wäre wochenlang durchs Land gehallt.

Weil es sich aber um den SVP-Fraktions-Präsidenten Thomas Aeschi gehandelt hat, wurde er in der Berichterstattung flugs vom Opfer zum Täter gemacht. Allenthalben ist von einem «Handgemenge» die Rede, das sich Aeschi und sein Parteikollege Michael Graber mit den Ordnungshütern geliefert hätten. Und für den Blick war klar: «Die SVP hat den Tumult provoziert.»

In Wahrheit legten einzig die Polizisten gewaltsam Hand an den Politiker Aeschi – und zwar durchaus rabiat und gleich zu zweit, wobei sie die Finger an die Abzugsvorrichtung ihrer Maschinenpistolen legten. Wer sich in Fragen der Sicherheit einigermassen auskennt, weiss: Wer eine geladene Maschinenpistole trägt, darf sich nicht in einen Nahkampf einlassen.

Eric Nussbaumer (SP) war zuvor beleidigt, dass ihm das Büro des Nationalrats einen grossen Auftritt vor dem Plenum zusammen mit dem ukrainischen Parlamentspräsidenten verweigert hatte. Umso wichtiger war ihm dessen möglichst prominent inszenierter Gang durch die Hallen des Gebäudes, begleitet von schwerbewaffnetem Sicherheitspersonal. Vor allem wollte Nussbaumer ein Bildchen mit dem ukrainischen Gast aufnehmen lassen, wobei unnötigerweise mitten in der Session die einzige Haupttreppe im Bundeshaus zu den Sälen der beiden Kammern vollständig abgesperrt wurde.

Nussbaumer hatte Glück, dass Aeschi beim polizeilichen Stoss nicht das Gleichgewicht verlor; er hätte leicht nach hinten fallen und sich schwer verletzen können. Selbst eine unfreiwillige Schussabgabe ist in einer solchen Situation nicht auszuschliessen. Der Nationalratspräsident wird im Nachgang jedenfalls einige Fragen zum Sicherheitsdispositiv beantworten müssen.

Die Bilder verfehlen ihre Symbolkraft nicht: Die Schweiz hat den Ukraine-Krieg nach der Preisgabe der Neutralität jetzt auch noch mit erschreckender Polizeigewalt gegen gewählte Volksvertreter ein Stück weit ins eigene Land geholt. Die Schweiz soll für die Ukrainer Wohnraum zur Verfügung stellen, noch enger zusammenrücken und viele Milliarden zahlen. Und obendrein sollen sich die nationalen Volksvertreter während der offiziellen Sitzungen im Bundeshaus auch nicht mehr frei bewegen dürfen.

Statt dass die überforderte Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle nach dem skandalösen Vorfall als Verantwortliche endlich den Hut nimmt, wird sie Ende Januar 2025 mit Glanz und Gloria verabschiedet – neben ihrer fetten Pension obendrein mit einer Abgangsentschädigung von 340.000 Franken.