Deutschland im Herbst 2023: Der Chefarzt eines Berliner Krankenhauses findet keine Pfleger mehr, die die Betten schieben. Bewerbungen? Fehlanzeige. Und die, die da sind, spielen mit dem Gedanken, zu kündigen. Warum? «Bürgergeld lohnt sich mehr», erhält er zur Antwort. Der Obermeister der Friseurinnung aus Heilbronn klagt: Er finde keinen Nachwuchs mehr. Der Mix aus offiziellem steuerfreiem Minijob, Schwarzarbeit und Bürgergeld sei für viele sehr attraktiv.

Die Reinigungsbranche hat 2500 Mitgliedsunternehmen in Deutschland. Bezahlt wird ordentlich – deutlich über Mindestlohn jedenfalls. Die Innung wollte wissen, ob Mitarbeiter wegen des Bürgergelds kündigen. Ergebnis: Knapp 30 Prozent der Unternehmen geben an, dass bei ihnen «bereits mehrere Beschäftigte mit konkretem Verweis auf das Bürgergeld gekündigt oder eine Kündigung in Aussicht gestellt haben». Weitere 40 Prozent haben solche Einzelfälle erlebt.

Klar wird: Die Differenz zwischen Gehalt und Bürgergeld ist zu klein, als dass alle dafür noch arbeiten gehen wollen. Dies gilt noch mehr, wenn die Bürgergeld-Leistungen – wie von der Ampel-Regierung zum 1. Januar 2024 geplant – erhöht werden. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat dazu kürzlich eine Studie veröffentlicht mit einer plakativen Rechnung: Im Vergleich zu einem Arbeitslosenhaushalt kommt die Familie, in der ein Elternteil arbeitet und mit Bürgergeld aufstockt, zu Mehreinnahmen von 378 Euro. Mal angenommen, dass er oder sie dafür 38 Stunden arbeiten muss, entspräche das einem rechnerischen Nettostundenlohn von 2,30 Euro. So viel bleibt pro Stunde für den mehr übrig, der arbeiten geht, anstatt Bürgergeld zu beziehen.

Was die Regierung dagegen tun will?

SPD und Grüne diskutieren darüber, den Mindestlohn stärker als geplant anzuheben. Er steigt zu Jahresbeginn auf 12,41 Euro. Jetzt sind 15 Euro im Gespräch. Ein höherer Lohn stellt den Abstand zum Bürgergeld natürlich wieder her. Aber weder der Oberarzt noch der Friseur noch der Reinigungsunternehmer kann ihn bezahlen.

Deutschland im Herbst 2023 hat seinen Weg noch immer nicht gefunden.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Bürgergeld lohnt sich mehr»: In sieben von zehn Unternehmen in Deutschland kündigen Mitarbeiter, weil nicht zu arbeiten finanziell attraktiver ist"
  • baumallee

    Es gibt nur das Eine: Die Ampel muss so schnell wie möglich weg, ansonsten gehts mit Deutschland und Europa bergab.

  • 15.01

    Was die Mutation der BRD zur Diktatur des Proletariats und eine sozialistische Gesellschaft nach sowjetischem Modell an geht, war die DDR lediglich ein Kindergeburtstag. Deutschland beklagt den Arbeitskräftemangel und subventionieren Arbeitslosigkeit massiv. Germania quo vadis? Deutschland ist in den letzten Zügen - 300'000 "Wirtschaftsflüchtlinge" -innert kürzester Zeit- bei uns in der Schweiz bestätigen dies und bringen auch unsere Gesellschaft an den Anschlag.

  • kuebelf

    Es geht doch darum, neue dankbare SPD-Wähler generiert zu haben. Die frei gewordenen Arbeitsplätze können dann mit neu Hinzugekommenen besetzt werden. Eine Arbeitspflicht setzt natürlich auch eine Arbeitsplatzpflicht voraus.