Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik China, der ein Global Player sein will, hat einen beachtlichen Erfolg erzielt. Dank seiner Vermittlung haben zwei Erzfeinde im Nahen Osten zueinandergefunden: der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien. Sie wollen im Frühsommer erstmals nach sieben Jahren wieder Botschafter austauschen.

Das ist ein geopolitisches Erdbeben und eine schallende Ohrfeige für US-Präsident Joe Biden. Denn damit naht das Ende einer Epoche: Seit Jahrzehnten sind die USA und Saudi-Arabien militärische und ökonomische Partner. Doch Riad traut Washington offenbar nicht mehr über den Weg – und der Administration Biden schon gar nicht.

Aus Sicht der Saudis ist das aus mehreren Gründen verständlich. Er werde dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS) eine Lektion in Menschenrechten erteilen und ihn zum Paria stempeln, hatte Biden während seines Wahlkampfs gedroht. Kaum war er im Januar 2021 im Weissen Haus eingezogen, gab Biden einen Bericht der amerikanischen Geheimdienste zur Veröffentlichung frei, in dem der De-facto-Herrscher MBS für die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi am 2. Oktober 2018 in Istanbul verantwortlich gemacht wird. Dann vergass Biden sein Wahlkampfversprechen, dass er sich für ein Ende des Kriegs im saudischen Nachbarstaat Jemen einsetzen werde. Schliesslich ist es Biden nicht gelungen, mit dem Iran ein Atomabkommen neu auszuhandeln, um die regionalen Spannungen zu entschärfen.

China schlug nun aus dem Zerwürfnis Profit und ist in das Vakuum gestossen. Im Februar empfing Xi den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Peking, schon im Dezember hatte er in der saudischen Hauptstadt mit der Spitze des Königshauses und mit den ölreichen arabischen Golfstaaten konferiert, die für Chinas Energielieferungen entscheidend sind.

Ob Xis Erfolg Bestand hat oder ob die neue sunnitisch-schiitische Freundschaft bald wieder an alten Interessenkonflikten zerbricht, kann derzeit zwar niemand wissen. Sicher ist aber: Chinas diplomatische Leistung zeigt mit aller Deutlichkeit, wie bescheiden der Einfluss der USA im Orient geworden ist.