Wer die Pressekonferenz anlässlich der Parteigründung am 8. Januar verfolgt hat, wurde enttäuscht: Sahra Wagenknecht und die ehemalige Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, die weibliche Doppelspitze der Partei, präsentierten nicht einmal im Ansatz Lösungsideen für die Bewältigung der derzeitigen Krisen in Deutschland. Sie versuchten an der Medienkonferenz hingegen noch rasch aus den derzeitigen Bauern-Protesten politisches Kapital für ihre neue Partei herauszuschlagen, obwohl beide als Bundesabgeordnete bisher nicht als Fürsprecher der Landwirtschaft aufgefallen sind.

Die «Bündnis Sahra Wagenknecht»-Vertreter glauben, mit der Lancierung einer wirtschaftspolitisch links aufgestellten Partei, die sich gleichzeitig gesellschaftspolitisch rechts positioniert, Geschichte zu schreiben. Ein solcher Mix ist in der deutschen Politlandschaft tatsächlich neu, aber die erst rudimentär bekannten Politik-Inhalte sind mehrheitlich linke Ladenhüter, weder neu noch erfolgversprechend, sondern simple Neid- und Umverteilungspolitik. Die Reichen stärker besteuern, eine Mindeststeuer für Grosskonzerne und die Abschöpfung von Übergewinnen im Energiesektor sollen zur sozialen Gerechtigkeit beitragen.

In alter Sozi-Manier unterstellt sie den «anonymen» Grosskonzernen und Finanzinvestoren, gegenüber Mitarbeitern verantwortungslos zu agieren und nicht für faire Löhne und sichere Arbeitsplätze einzustehen. Lohndumping im Binnenmarkt soll unterbunden werden, und ortsübliche Tariflöhne sollen geschützt werden. Das Beihilfe- und Vergaberecht soll in Richtung einer staatlichen Industriepolitik reformiert werden. Die EU-Fiskalregeln und die Schuldenbremse sollen gelockert werden, um Investitionen zu ermöglichen. Gleichzeitig will man aber weniger in den Umwelt- und Klimaschutz investieren. Unter Investitionen versteht das BSW wohl vor allem Investitionen in die Menschen, womit Umverteilung über das Bildungs- und Gesundheitswesen gemeint sind. Der Aufbau einer europäischen digitalen Infrastruktur soll gefördert werden, um die Abhängigkeit von den US-Tech-Konzernen abzuschütteln. Die Immigrationspolitik müsse neugestaltet werden, aber in der Fragerunde wurde klar, dass mit dieser Forderung kein Kurswechsel, im schlimmsten Falle sogar eine erweiterte Politik der offenen Türen angestrebt wird.

Mit diesen ersten Hinweisen auf das Parteiprogramm, das nun bis zu den Wahlen von Fachleuten und der Basis erarbeitet werden soll, hebt sie sich klar von der AfD ab. Im Gegensatz zum BSW plädiert die AfD in ihrem Parteiprogramm für eine soziale Marktwirtschaft mit Eigenverantwortung und unternehmerischer Freiheit. Wer bisher die AfD wegen deren Parteiprogramm unterstütze, wird kaum eine Partei wählen, die das Gegenteil vertritt. SPD- und «Die Linke»-Mitglieder werden wohl eher die Partei wechseln.

Die einzigen Gemeinsamkeiten mit der AfD sind die Kritik an den regierungshörigen Mainstream-Medien und die von der Regierung infrage gestellte Demokratie, indem Andersdenkende ausgegrenzt werden. Auch in der Aussenpolitik sind gewissen Parallelen vorhanden, indem Diplomatie und Friedensoffensiven vor Kriegsbeteiligung gehen.

Die von Wagenknecht und ihren Leuten vorgetragene Pauschalkritik an der Regierung und der Opposition mag berechtigt sein, ist aber noch lange kein Grund, der neuen Partei mehr Vertrauen zu schenken.

Die neue Partei will erstmals bei der Europawahl (EU-Parlament) im Juni 2024 antreten, im Herbst dann aber auch bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Fabio de Masi (Finanzexperte) und Thomas Geisel (ehemaliger SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf) sollen als Spitzenkandidaten für die Europawahl kandidieren. Mit einem Startkapital von angeblich 1,4 Millionen Euro, einer Parteibasis von 44 Gründungsmitgliedern und 450 Anwärtern sind solche Wahlen aber kaum zu gewinnen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Das «Bündnis Sahra Wagenknecht» ist keine AfD-Kopie. Im Gegenteil. So, wie die Partei jetzt aufgestellt ist, wäre sie keine Alternative für die aktuelle Krisen-Regierung"
  • luke.tam

    Eine Partei, die noch mehr Staat will, ist überflüssig - auch wenn an ihrer Spitze noch so sympathische Leute stehen!

  • bmiller

    Seit Wagenknecht gezeigt hat, dass auch sie die AfD benutzt,um sich selber besser darzustellen, sehe ich sie etwas anders.Sie hat wohl gute Aussagen gemacht und der Einsatz für die Frieden gefällt mir, aber sonst bleibt sie, was sie war und ist: eine Sozialistin.

  • 2heinrich

    LINKS bleibt LINKS !