Deutschland importiert weiterhin grosse Mengen an russischem Flüssigerdgas (LNG) über andere EU-Staaten, obwohl direkte Lieferungen an deutsche Häfen verboten sind. Laut einem Bericht von Umweltorganisationen wurden 2024 allein 58 Ladungen russischen LNGs über den französischen Hafen von Dunkerque geliefert – ein Anstieg um das Sechsfache im Vergleich zum Vorjahr, berichtet die Financial Times.

Die EU hatte nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine das Ziel formuliert, bis 2027 unabhängig von russischen Energielieferungen zu werden. Während der Anteil russischen Pipeline-Gases im EU-Markt 2024 auf rund 10 Prozent sank, erreichten LNG-Importe aus Russland ein Rekordniveau.

Kritiker sprechen von einer intransparenten Praxis: «Deutschland hat die Einfuhr von russischem Flüssiggas in seinen Häfen verboten. Aber offiziell aus Frankreich und Belgien bezogene Importe bestehen zum Teil aus russischem Flüssiggas, wodurch das Gas quasi weissgewaschen wird», so Angelos Koutsis von der belgischen Denkfabrik Bond Beter Leefmilieu zur Financial Times. Deutsche Statistiken weisen das Gas aus belgischen Häfen als «belgisch» aus, obwohl Belgien kein eigenes Gas fördert.

Der Bericht schätzt, dass 3 bis 9,2 Prozent des deutschen Gasverbrauchs weiterhin auf russische Quellen zurückgehen. Die Verflechtungen im EU-Gasnetz machen es nahezu unmöglich, den Ursprung einzelner Lieferungen zu verfolgen. Eine vollständige Transparenz erfordert umfassende Datenerfassung durch alle Anbieter, was als logistisch kaum umsetzbar gilt.

Während Frankreich und andere Länder mehr Transparenz fordern, bleibt eine einheitliche europäische Regelung aus. Die deutsche Bundesregierung äusserte sich bislang nicht zu den Vorwürfen.