Nationalrat und Ex-Grünen-Präsident Balthasar Glättli will ein «Gremium schaffen, das während Abstimmungskampagnen zur Beurteilung zweifelhafter Aussagen in der öffentlichen Werbung aufgerufen werden kann». Es soll eine «Qualitätskontrolle der öffentlichen Auseinandersetzung» vornehmen und den «Wahrheitsgehalt von Argumenten und Thesen» überwachen.

Offensichtlich hat Glättli seinen George Orwell gelesen. Im dystopischen Roman «1984», der erstaunlich viel von unserer neoautoritären, zensurverliebten, bevormundenden Gegenwart vorausnimmt, gibt es ein Wahrheitsministerium des allmächtigen Staates.

Tatsächlich schämt sich Glättli nicht vorzuschlagen, dass dieses Wahrheitsgremium «unter dem Vorsitz der Präsidien der Räte tagen» würde. In der Ratsdebatte nannte er ausserdem ehemalige Parteipräsidenten als mögliche Wahrheitshüter – womit er sich gleich selbst ins Spiel brachte. Dasselbe tat der aktuelle Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP).

Ein solches Wahrheitsministerium, so Glättli in seinem Vorstoss, sei «für die Zukunft der direkten Demokratie lebenswichtig».

Hoppla. Die Wahrheit ist: Eine Demokratie, schon gar nicht eine direkte, braucht keine staatlichen Wahrheitshüter. Sie braucht keine Glättlis und Nussbaumers, die sich über die demokratische Ausmarchung stellen.

Wie wär’s, Herr Glättli, wenn Sie und ihre Kollegen stattdessen den Volkswillen umsetzen würden (Masseneinwanderung, Ausschaffung krimineller Ausländer)?

Das wäre doch schon mal ein Anfang für die Gegenwart und Zukunft der direkten Demokratie.