Die parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur Geschäftsführung der Bundesbehörden in der CS-Krise leitet aus ihrem 569-seitigen Bericht zwanzig Empfehlungen, vier Motionen und sechs Postulate ab. Die meisten beginnen mit der Wendung «Die PUK fordert den Bundesrat auf, …», «Die PUK lädt den Bundesrat ein, …», «Der Bundesrat wird beauftragt, …».
Und der Bundesrat? Spielt mit. Er veröffentlicht als Antwort eine knapp 40-seitige Stellungnahme, in der er der PUK dankt für ihre Arbeit und die meisten Vorschläge zustimmend kommentiert. Pikant: Die Exekutive dankt den Vertretern der Legislative für ihre Arbeit und verteilt Noten – wer kontrolliert da eigentlich wen?
Alles in allem wirkt der Bericht wie ein staatlich veranstaltetes Behördenverbesserungsprogramm.
Die PUK fordert als Erstes verbesserte Regulierungen zum too big to fail-Problem, indem internationale Abhängigkeiten grosser Banken – bei der CS ein fatales Problem – besser berücksichtigt werden. Was auch auf die UBS zielt.
Des Weiteren fordert die Kommission eine stärkere Koordination unter den Behörden, auch international, sodann eine Aufrüstung der Finanzaufsicht mit griffigeren Instrumenten, schliesslich intensivere Informationen und Diskussionen über Problemlagen in den Behörden, mehr Transparenz, auch mehr Spielraum für die Nationalbank bei Liquiditätshilfen. Immer zur Behördenverbesserung.
Die PUK hat sich also nicht nur in ihrer Analyse – auftragsgemäss – auf die Behörden konzentriert, sondern sieht auch die Ratschläge für die Zukunft vor allem als Aufgaben für staatliche Stellen.
Zwar habe, so die Autoren, das «jahrelange Missmanagement des CS-Verwaltungsrats und der CS-Geschäftsleitung den Ursprung der Krise» gebildet, der Untergang sei selbstverschuldet, aber die CS selber sei eben nicht Untersuchungsauftrag der PUK gewesen. Die Bank war laut Bericht ein widerspenstiges Regulierungsobjekt, das der Finanzaufsichtsbehörde Finma auf der Nase herumtanzte.
Im Bericht steht: «Die Finma auferlegte der CS regelmässig zusätzliche Anforderungen und forderte beinahe jährlich Verbesserungen in der Berichterstattung zu ihrer Eigenmittel- und Liquiditätssituation. Nach Analyse der Kommission setzte die Finma ihre Aufsichtsinstrumente, insbesondere die jährlichen Assessment-Briefe, Vor-Ort-Kontrollen wie auch verschiedene Stresstests gegenüber der CS intensiv ein. Dennoch erzielte die CS kaum Fortschritte. Insgesamt stellen sich somit Fragen zur Wirksamkeit der Interventionen der Finma.»
Weiter liest man zur Finma: «Sie musste gewisse Forderungen jahrelang wiederholen. Dabei griff sie jedoch nach Einschätzung der Kommission selten auf formelle Verfügungen zurück. Zum Zweck der besseren Durchsetzbarkeit, aber auch des Rechtsschutzes der beaufsichtigten G-SIB scheint es der PUK angemessen, dass die Finma die von ihr geforderten Massnahmen in Form von formellen Verfügungen ausspricht.» All dies erinnert an Eltern, die in der Kindererziehung zu nachgiebig, inkonsequent und hilflos sind.
In der Wirtschaftspolitik ist dieses Spiel auch gebräuchlich, bekannt als «Capture-Theorie», als Kunst der Vereinnahmung. Das geht so: Eine Branche, die staatlich reguliert wird, schafft es mit der Zeit, ihre Kontrolleure quasi zu umarmen und zu kontrollieren und für die eigenen Brancheninteressen zu vereinnahmen – betreffe dies Strommarkt, Gesundheit oder Banken.
Das steht in krassem Gegensatz zur verbreiteten naiven Annahme, mit einer gezielten Regulierung könne man einen bestimmten Mangel oder ein Marktversagen beheben. In Wirklichkeit stehen in Behörden wie der Finma Finanzexperten mit Staatslöhnen und bürokratischen Anreizen oft einer Grossbank gegenüber, in der international versierte Spitzenleute einen grossen Informations- und Erfahrungsvorsprung ausspielen können. Wenn die PUK nun vorschlägt, die Finma mit stärkeren Instrumenten aufzurüsten, muss man sich fragen: Welche Erfolgschancen hat das überhaupt?
Und im gleichen Atemzug: Wie realitätstauglich sind die PUK-Empfehlungen zur Verbesserung der too big to fail-Regulierung, an der fünfzehn Jahre lang gearbeitet wurde, die aber in der CS-Krise gar nicht zum Zuge kam? Thorsten Hens, Finanzprofessor an der Universität Zürich, sagte seinerzeit, diese Regulierung sei falsch konzipiert. Es sei «ein Fehler, den Märkten Rationalität in Krisenzeiten zu unterstellen». Kunden und Anleger dächten beim Sturm auf die Banken nicht an rechtliche Details, Bundesrat und Parlament hätten die Psychologie der Finanzmärkte nicht verstanden.
Nun aber ein Lichtblick: Das letzte Postulat – die beste Idee aus dem PUK-Bericht – dreht sich nicht um Behördenverbesserung, sondern um bessere Spielregeln. Die Kommission findet nämlich, dass das Fehlverhalten der Banker auch in einem «mangelnden Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Schweizer Volkswirtschaft» gründete. Sind die geltenden Gewährskriterien für Personen sowie Geschäftsleitung und Verwaltungsrat überhaupt die richtigen?
PUK-Gedanke: Diese Kriterien sollten die allgemeinen Interessen des Wirtschaftsstandorts Schweiz stärker berücksichtigen als jetzt. Im Interesse einer «einwandfreien und nachhaltigen Geschäftsführung» könnte man deshalb die Gewährskriterien – Integrität und fachliche Qualifikationen – so erweitern, dass künftig eine Mehrheit des Verwaltungsrates eine vertiefte Verbindung zur Schweiz, zu deren Volkswirtschaft und Steuerzahlern haben müsste. Konkret: mindestens eine zehnjährige Wohnsitzpflicht in der Schweiz für die Mehrheit des Verwaltungsrats.
Aber nein – dieses Postulat lehnt der Bundesrat ab. Kühl meint die Regierung, die Verantwortungsnahme von Führungsorganen werde ja durch die Corporate-Governance-Regelungen adressiert.
Man hätte es den Markt regeln lassen sollen!
Man kann es drehen und wenden, alle Bänkler sind Halunken
Die Totengräber der CS waren ja Schweizer.