Die nationalen EU-Regierungen haben die seit 2020 ausser Kraft gesetzten Fiskalregeln für einen enormen Schuldenschub genutzt. Nun werden sie von steigenden Zinsen an die Wand gedrückt, denn jedes Prozent höhere Zinssätze bedeutet rund 2 Prozent höhere Staatsausgaben. Können diese Mehrbelastungen nicht anderswo eingespart werden, nehmen die Defizite und Schulden weiter zu.

Die Inflation hat das nominelle BIP aufgebläht und damit die Verschuldungsquote künstlich gedrückt. Der Staat profitiert zudem von der Inflation, weil er auf den erhöhten Preisen zusätzliche Mehrwertsteuern kassiert und die progressiven Steuertarife, wenn überhaupt, erst verspätet inflationsbereinigt werden. Aber die EZB hat ihre Leitzinsen unlängst kräftig erhöht, weil sie die Inflation mit einer Rezession bekämpfen will, die den Preis- und Lohnauftrieb ausbremsen soll. Nun wird es dramatisch.

Seit Ende 2019 bis zum ersten Quartal 2023 summierten sich die Defizite der EU-Länder auf 2303 Milliarden Euro. Drei Viertel davon entfielen auf die «Grossen vier»: Frankreich 23,3 Prozent, Italien 23,1 Prozent, Deutschland 17,8 Prozent und Spanien 11,4 Prozent.

Im Mittel der dreizehn Quartale stellten sich die Defizite der EU-Länder auf 5,0 Prozent des BIP. 20 der 27 EU-Länder überschritten die Defizitgrenze in diesen drei Jahren deutlich, am stärksten Italien mit durchschnittlich 9,3 Prozent des BIP. Aber auch Frankreich und Spanien mit je 6,8 Prozent, Österreich mit 5,8 Prozent und selbst Deutschland mit 3,5 Prozent übertrafen das Maastrichter Defizitlimit von 3 Prozent.

Noch stärker nahmen die Staatsschulden zu, nämlich um 2616 Milliarden Euro – oder 24 Prozent. Absolut am meisten Neuschulden machten Frankreich (638 Milliarden) und Deutschland (520 Milliarden). Darin sind die auf EU-Ebene eingegangenen Neuschulden nicht enthalten. Auch die Staatsgarantien, die vor allem in Deutschland und Österreich mit über 17 Prozent des BIP zu Buche schlagen, fehlen. Dass die Verschuldung der EU-Länder in Prozent des BIP in dieser Zeit lediglich um 6 Prozentpunkte auf 83,7 Prozent zugelegt hat, ist auf die inflationär aufgeblähte Zunahme des nominellen BIP zurückzuführen.

Aber Länder wie Frankreich (plus 15 Prozentpunkte) oder Spanien (plus 14,6 Prozentpunkte) weisen heute dennoch eine wesentlich ungünstigere Verschuldungslage als vor der Corona-Pandemie auf. Selbst die deutsche Staatsverschuldungsquote stieg um 6,3 Prozentpunkte auf 65,9 Prozent, womit auch die Bundesrepublik die zulässige Schuldenobergrenze deutlich überschreitet. In Österreich stieg die Quote um 10 Prozentpunkte auf 80,8 Prozent des BIP.

Eine Rückkehr zum Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1997 (Maastrichter Kriterien) würden die Regierungen unter starken Sparzwang setzen. Dies möchten die EU-Eliten verhindern, denn damit würde die sich abzeichnende Konjunkturflaute noch vertieft. Sie wollen deshalb bis Ende 2023 die EU-Fiskalregeln massiv aufweichen. Es wird zwar ein Zwang zum Schuldenabbau vorgegaukelt, aber wohl das Gegenteil erreicht, denn mehr Intransparenz, zweifelhafte Ausnahmefälle und neue Gemeinschaftsschulden werden zu weiteren Schuldenbergen führen.

Die vorgeschlagene Koppelung der Staatsausgaben an ein Planwachstum der Wirtschaft ist realitätsfremd, denn nicht einmal die EZB war in der Lage, den erlebten Inflationsschub rechtzeitig vorherzusehen. Ebenso falsch lag die EU mit ihren Zinsprognosen. Das seit Ende 2019 bis zum ersten Quartal 2023 realisierte nominelle EU-Wirtschaftswachstum setzte sich aus 3,1 Prozent Realwachstum und 13 Prozent Inflation zusammen. Sollte der EZB-Zinshammer nun die Teuerung mit einer Rezession zerschlagen, dann wird das zulässige Ausgabenwachstum deutlich beschnitten. Der Staat wird zu einem prozyklischen Fiskalverhalten gezwungen.

Noch profitieren die Regierungen vom Geldsegen der EU, von der 800 Milliarden Euro schweren «Aufbau- und Resilienzfazilität» (RRF), die fast zur Hälfte aus nicht rückzahlbaren Hilfsgeldern besteht, doch diese wird 2026 auslaufen. Die nationalen EU-Regierungen werden somit genau dann zu Haushalts-Konsolidierungen gezwungen sein, wenn der Geldhahn des EU-Konjunkturfonds abgedreht wird.

Die 3 Top-Kommentare zu "Die Defizite der EU-Länder liegen bei 2303 Milliarden Euro. Die Rückkehr zum Stabilitäts- und Wachstumspakt ist eine reine Farce"
  • Mad Maxl

    " Die Rückkehr zum Stabilitäts- und Wachstumspakt ist eine reine Farce " Diese EU ist ein Lügengebilde wie es besser nicht geht ! Der große Verlierer ist das Volk bzw. die Steuerzahler, damit das so bleibt verweigert man in der EU demokratische Volksentscheide. Schaut euch alle die Parteien in der EU an, dann erkennt man wer die Demokratie in Europa abschaffen will, das Gleiche treiben diese Parteien auch in ihren Ländern voran. Da kann man sie allerdings "noch" abwählen.

  • Plankton

    Die liebe Ursula wird das zusammen mit der Christine schon schaukeln. Die schaffen das.

  • Bobby42

    Dazu kommen noch die „oberfaulen „ Kredite, die die EZB aufgenommen hat. Man kann lesen, dass das über 7 Billionen Euro sein sollen. Welche Generation soll dafür büssen?