Es wird in den kommenden Monaten schwierig werden für die Ukraine. Die Sommeroffensive hatte keinen operativ nachhaltigen Erfolg. Der Krieg hat sich endgültig zu einem Abnutzungskrieg entwickelt. Und unter dieser Perspektive haben die Russen die besseren Karten. Schon jetzt hat die Ukraine Probleme, ausreichend Soldaten zu rekrutieren.

Gleichzeitig wackelt die Unterstützung der USA. Am kommenden Mittwoch verabschiedet der Kongress einen Übergangshaushalt – aber ohne zusätzliche Waffenhilfe für Kiew.

Und auch in Brüssel scheint man zunehmend kriegsmüde. Zwar gibt man sich aktuell entschlossen wie stets in den letzten zwanzig Monaten. Doch schaut man genauer hin, ist man nicht nur bei Waffenlieferungen zurückhaltend. Auch das zwölfte (!) Sanktionspaket, an dem man derweil arbeitet, ist mehr als inkonsequent und übt sich vor allem in Symbolpolitik.

Das ist durchaus vernünftig. Denn es ist alles andere als sinnvoll, den europäischen Volkswirtschaften noch mehr zu schaden. Und auch die Formel von der Unterstützung für Kiew «solange wie nötig» hält einige Hintertürchen offen. Denn was nötig ist, kann man jederzeit neu definieren.

Das eigentliche Problem ist dabei nicht der neue Pragmatismus, zu dem Brüssel langsam zu finden scheint, sondern dass man sich zu Beginn der Krise heillos verrannt hat. Damals überbot man sich in Treueschwüren und steilen Formulierungen. Nun beginnt man zaghaft zurückzurudern. Man kann das als Ausdruck von Realpolitik sehen. Oder als Heuchelei. So oder so: Politik mit Augenmass und Verantwortung hätte anders ausgesehen.