Dieser «Appell der 38» erschien zuerst im Magazin Emma.

Eine Minute vor Zwölf – Einen grossen europäischen Krieg verhindern!

Der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine tobt seit über 1000 Tagen. Täglich sterben Menschen, die Ukraine wird mehr und mehr zerstört. An der Front steht die ukrainische Armee unter Druck; es fehlt nicht nur an Waffen, sondern auch an Soldaten, die Russen erzielen Geländegewinne. Ein Ende des Sterbens ist nicht in Sicht.

Die Last-Minute-Entscheidung des US-Präsidenten Biden, Angriffe auf Russland mit von den USA gelieferten Raketen zu genehmigen, hat eine neue Eskalationsstufe eingeleitet. Inzwischen haben auch Grossbritannien und Frankreich nachgezogen. Damit steigt das Risiko für ganz Europa extrem. Deutschland könnte das neue Schlachtfeld werden.

Biden hatte sich in der Vergangenheit geweigert, diesen Schritt zu gehen, um, wie er selbst betonte, einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden. Gilt das jetzt nicht mehr?

Statt alles dafür zu tun, die hochgefährliche Situation zu entspannen, wollen CDU, FDP und Grüne jetzt der Ukraine auch noch Taurus-Raketen liefern. Damit könnte Selenskyj Ziele tief in Russland punktgenau angreifen. Da diese Raketen von Bundeswehrsoldaten programmiert werden müssen, käme die Lieferung des Taurus fast einer Kriegserklärung Deutschlands an die Atommacht Russland gleich. Sie würde mit hoher Wahrscheinlichkeit eine militärische Antwort Russlands nach sich ziehen.

Wir befinden uns in der vielleicht gefährlichsten Phase dieses Krieges. Unsere oberste Pflicht sollte sein, eine Katastrophe für unser Land und alle Menschen in Europa zu vermeiden. Deutschland hat aktuell zwar keine handlungsfähige Regierung, aber immerhin ein handlungsfähiges Parlament. Wir appellieren an alle politischen Akteure: Vergessen wir unsere Differenzen und handeln gemeinsam, um das Schlimmste zu verhindern!

Es ist höchste Zeit, dass sich die deutsche Politik mit Nachdruck für eine Deeskalation und einen sofortigen Waffenstillstand mit anschliessenden Friedensverhandlungen einsetzt. So, wie es zum Beispiel der unter anderem von der Schweiz unterstützte Friedensplan Brasiliens und Chinas vorsieht.

Den Ukraine-Krieg kann und wird keine Seite gewinnen. Wenn die Waffen nicht bald schweigen, laufen wir Gefahr, alle gemeinsam zu verlieren. Noch nie seit dem Ende des 2. Weltkriegs war die Gefahr eines Nuklearkriegs in Europa so gross wie jetzt. Wir müssen sie bannen, bevor es zu spät ist.

 

Die Unterzeichner:

Prof. Dr. Peter Brandt, Historiker und Publizist
Reiner Braun, Friedensbewegung
Andrea Breth, Theater-Regisseurin
Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Politikwissenschaftler
Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Rechtswissenschaftler
Daniela Dahn, Schriftstellerin
Dr. Petra Erler, Publizistin
Dr. Svenja Flasspöhler, Philosophin
Prof. Dr. Hajo Funke, Politikwissenschaftler
Dr. Peter Gauweiler, Rechtsanwalt und Bayer. Staatsminister a.D. (CSU)
Wolfgang Grupp, Firma TRIGEMA
Prof. Dr. Michael Hartmann, Soziologe
Henry Hübchen, Schauspieler
Prof. Dr. Elisa Hoven, Strafrechtlerin
Prof. Dr. Hans Joas, Mitglied der Grundwertekommission der SPD
Reinhard Klimmt, Ministerpräsident a.D. (SPD)
Uwe Kockisch, Schauspieler
Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz, Publizistin
Oskar Lafontaine, Ministerpräsident a.D.
Peter Maffay, Sänger
Detlef Malchow, Unternehmer
Prof. Dr. Reinhard Merkel, Rechtsphilosoph
Dr. Hans Misselwitz, Mitglied der Grundwertekommission der SPD
Albrecht Müller, Publizist (SPD)
Michael Müller, NaturFreunde Deutschlands
Willy van Ooyen, Friedensbewegung
Prof. Dr. Frauke Rostalski, Rechtsphilosophin
Oliver Ruhnert, langjähriger Fussballmanager (BSW)
Dr. Otto Schily, Bundesinnenminister a.D.
Michael von der Schulenburg, Abgeordneter EU-Parlament (BSW) und Assistant Secretary General der UN a.D.
Alice Schwarzer, Autorin und EMMA-Verlegerin
Prof. Dr. Wolfgang Streeck, Soziologe
Günter Verheugen, Vizepräsident der Europäischen Kommission a.D.
Dr. Sahra Wagenknecht, Parteivorsitzende BSW
Dr. Nathalie Weidenfeld, Kulturwissenschaftlerin
Hans-Eckardt Wenzel, Liedermacher
Katarina Witt, Sportlerin
Natascha Wodin, Schriftstellerin
Dr. Juli Zeh, Schriftstellerin