Die Meldung vom Freitag sorgte am Freitag für Aufsehen. «Miro Aaltonen, Stürmer des EHC Kloten, ist ab sofort auf unbestimmte Zeit gesperrt wegen eines Dopingvergehens.»

Am Samstag verschickte der EHC Kloten eine Mitteilung mit folgendem Inhalt: «Nach Bekanntwerden seines potenziellen Verstosses gegen die Anti-Doping-Bestimmungen fand zwischen Miro Aaltonen und der Klubführung ein respektvoller und offener Austausch statt, bei dem man sich gemeinsam für diese Massnahme entschied», heisst es darin. «Dem Spieler war es ein grosses Anliegen, den Klub bestmöglich dabei zu unterstützen, sich so schnell wie möglich wieder auf den Sport konzentrieren zu können.» So weit die Fakten.

Als Sportarzt und langjähriger enger Begleiter des Schweizer Eishockeys sehe ich die Sache differenziert. Spontan gibt der Sportler Aaltonen zu, dass er an einer Party während der Weihnachtspause eine Dummheit begangen habe. Diese offene Ehrlichkeit ist ihm hoch anzurechnen. Ja, es würde ihm fast ein Fairnesspreis zustehen. Keine faulen Ausreden, keine teuren Juristen, sondern ein klares Geständnis.

Derzeit sind, wie auch in früheren Fällen, in der Sportwelt Verfahren hängig, in denen märchenhafte Schilderungen die Unschuld beweisen sollten. Hochspezialisierte Anwälte argumentieren für die prominenten Athleten derart gekonnt, dass den Gerichten keine Möglichkeit zusteht, eine Strafe auszusprechen, obwohl es in den meisten Fällen um Präparate geht, die wirklich leistungsfördernd sein können.

Was haben wir schon gehört, verschmutzte Zahnpasta, Fleisch von gemästeten Tieren, Aufbaumittel mit nicht deklarierten Wirkstoffen, vermeintlich saubere Massagesalben und vieles mehr.

Einzig der Springreiter Steve Guerdat konnte mit viel persönlichem und finanziellem Aufwand lückenlos nachweisen, dass sein «gedoptes» Pferd Futter gefressen hatte, das verunreinigt war. Der Schweizer Produzent hatte Zusatzfutter aus Osteuropa zugemischt, das Pflanzern enthielt, die für Pferde nicht erlaubt waren

Miro Aaltonen nahm ein aufputschendes Partypräparat zu sich, das ihn für einige Stunden in höhere Sphären und gössere Lebensfreude versetzen sollte. Die Wirkung eines solchen Produkts endet nach Stunden und kann zu einem Katerzustand führen. Dass nach Tagen noch Spuren im Urin nachweisbar sind, war ihm anscheinend nicht bekannt. Einen Einfluss auf seine spielerischen Leistungen hatte diese «Dummheit» aber mit Sicherheit nicht. Solche Partydrogen könnten in den ersten Stunden nach Einnahme zwar leistungssteigernd wirken, im Sinne erhöhter Kampfeslust und weniger spürbaren Ermüdung.

Sie können aber auch das Gegenteil bewirken: Unkonzentriertheit, Fahrlässigkeit, Gleichgültigkeit, aber sie stehen halt eben auf der Liste der verbotenen Substanzen. Als vor Jahren nach Einführung des Cannabisverbots die ersten Sünder erwischt wurden, herrschte Aufregung in der Szene. Spieler aus Klubs in der Nähe Zürichs vergnügten sich jeweils exzessiv an der Street Parade. Im Wissen um ihre Dummheit kamen sie dann zu Drogentests und spielten erst wieder Eishockey, wenn die Kontrollen negativ waren. Damit verpassten sie zwar vereinzelt den Meisterschaftsauftakt, blieben aber straffrei.

Ich selber beging 1991 eine Dummheit, die zu kontroversen Diskussionen führte. Zwei verletzte Spieler begannen im Frühling mit einem intensiven Aufbauprogramm. Im Mai unterstütze ich sie mit einem Präparat, das die Rehabilitation beschleunigen sollte. Dass dieses Medikament im Oktober bei einer Dopingprobe allerdings noch nachweisbar war, wusste damals kein Mensch.

Wir legten nach einer fast 24-stündigen Diskussion die Karten auf den Tisch, um Vermutungen, Lügen und Hypothesen zuvorzukommen. In jenen Jahren gab es noch das sogenannte therapeutische Fenster, das heisst, es durfte in der wettkampffreien Zeit fast alles eingenommen werden was nützt, aber nicht schädlich ist, denn es erfolgten keine Kontrollen. Das Strafmass fiel entsprechend milde aus.

Zu meiner Zeit als Arzt des Schweizer Eishockey-Verbandes (SEHV) gab es einen einzigen Dopingfall zu behandeln. Zwei Spieler eines renommierten Klubs waren in einer Kontrolle hängen geblieben – wegen einer harmlosen, aber verbotenen Substanz. Der damalige Dopingverantwortliche des Verbandes wollte aus diesem Ausrutscher weder einen Skandal noch einen medialen Hype auslösen. So lud er alle Involvierten (Spieler, Präsident, Verbandsarzt) zu einer längeren Aussprache ein. Resultat: zwei achtwöchige Verletzungspausen, ein Denkzettel und kein Sturm im Wasserglas Auch so konnte früher ein Dopingfall gelöst und eine Affäre vermieden werden.

Dr. Bernhard Sorg ist seit vierzig Jahren als Haus- und Sportarzt tätig. Er betreute den EHC Kloten während 25 Jahren als Klub- und Teamarzt und war lange Zeit Chefarzt des SEHV und er Nationalmannschaften. Daneben betreute er viele Fussball- und Eishockeyklubs unterer Ligen, sowie Reiterinnen und Reiter des Springreiterolympiakaders, Orientierungsläufer, Radfahrer und Triathleten.