Anita B. Kayser fordert ein Verbot geschlechtsangleichender Operationen an Minderjährigen. Sie seien ethisch nicht vertretbar, begründet die Politologin und Ethikerin. Pubertätsblocker beeinträchtigten zudem die natürliche Entwicklung von Gehirn und Knochen. Mit unbekannten Langzeitfolgen, wie sie dem Nebenspalter sagt.

Solche Eingriffe verletzten das Fürsorgeprinzip: «Die Ethik verlangt, bei Minderjährigen besonders sorgfältig zu prüfen, welche Entscheidungen sie selbst treffen können. Deshalb schützt man Jugendliche zum Beispiel vor Alkoholwerbung.» Bei geschlechtsangleichenden Operationen werden sie für den Rest ihres Lebens unfruchtbar, daher sei es unfair, sie mit Entscheidungen über ihren Intimbereich allein zu lassen.

Im Interview argumentiert Kayser, im unterfinanzierten Gesundheitssystem stünden ohnehin zu wenig Mittel für die Kindermedizin zur Verfügung. Geschlechtsangleichende Behandlungen an Minderjährigen seien experimentell, teuer und «widersprechen der Menschenwürde». Die Betroffenen sehen in den Eingriffen zwar eine Heilung, diese erforderten aber langwierige und schmerzhafte Prozeduren. Sie sagt: «Kinder und Jugendliche glauben zu lassen, sie könnten ihr Geschlecht mit Hormonen oder Operationen so einfach wechseln, ist nicht fair.»

Auch die Zahl der Transsexuellen, die ihre Geschlechtsumwandlung bereuen – sogenannte Detransitioner – nehme zu, auch wenn sie eine kleine Minderheit darstellen. Medien konzentrierten sich oft auf glückliche Transgender-Personen nach der Geschlechtsangleichung, was ein verzerrtes Bild vermittle. Die sozialen Medien haben die Detransitioner lange Zeit zum Schweigen gebracht, aber ein Wandel zeichne sich ab.

Mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht Minderjähriger mahnt Kayser, dass immer mehr Länder wie Schweden, Norwegen und Grossbritannien hormonelle und chirurgische Geschlechtsumwandlungen bei Minderjährigen einschränken oder verbieten. Die Beweislage für solche Eingriffe sei unsicher, alternative Erklärungen für psychiatrische Symptome würden oft nicht in Betracht gezogen.

Die Behauptung, Jugendliche könnten Selbstmord begehen, wenn sie keine geschlechtsangleichende Operation erhielten, sei nicht belegt, so die Expertin. Die Zahl der Suizide bei Minderjährigen steige nicht proportional zur Diagnose Geschlechtsdysphorie. Vielmehr berichten Detransitioner, dass ihren Eltern mit Suizidgedanken gedroht wurde, um ihre Zustimmung zur Behandlung zu erhalten.

Kayser ist überzeugt, dass wirtschaftliche Faktoren eine Rolle spielen: In den USA bieten immer mehr Kliniken Geschlechtsumwandlungen an und verdienen daran, teilweise sogar mit staatlicher Unterstützung. Auch in der Forschung ergeben sich kommerzielle Möglichkeiten, ähnlich wie in der plastischen Chirurgie oder der Pharmazie. Bereits werde nach Verfahren für Penis-Transplantationen gesucht.