Die EU gilt zu Recht als unerschöpfliche Gesetzesmaschinerie. Rund 75 Prozent der EU-Gesetzgebung geht gemäss deutschen Spitzenpolitikern auch in die nationalen Gesetze. Dieser administrative Ballast droht die Wirtschaft, insbesondere die KMU, zu erdrosseln. Kommt dazu, dass einige nationale Parlamente und Regierungen bei der Umsetzung des EU-Rechts ins nationale Recht noch über die Mindestvorschriften der EU hinausgehen.

Jüngste Beispiele dafür sind das Lieferkettengesetz oder das Produktsicherheitsgesetz in Deutschland. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz für Unternehmen ist 2023 vorerst für Unternehmen mit über 3000 Beschäftigten in Kraft getreten, seit 2024 gilt es für Unternehmen mit mindestens 1000 Mitarbeitern.

Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, die Menschenrechte und Umweltstandards innerhalb ihrer Wertschöpfungskette zu berücksichtigen: Schutz vor Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung, Schutz vor Landraub, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Recht auf faire Löhne, Recht zur Bildung einer Gewerkschaft, Schutz vor umweltrechtlichen Verstössen.

Diese Kontrollen bis zum letzten Zulieferanten erfordern die Einrichtung eines Risikomanagements, Präventions- und Abhilfemassnahmen, Einrichtung von Beschwerdeverfahren und eine regelmässige Berichterstattung. Zulieferer aus armen Ländern sind oft nicht in der Lage, die erforderlichen Nachweise zu liefern. Sie werden ihre Exportaufträge und Arbeit verlieren.

In Deutschland, im Bundestag angekommen ist das Gesetz zur Produktsicherheit. Die Umsetzung dieser neuen EU-Verordnung sei zwingend und ohne Alternative. Simple Kennzeichnungsfehler oder -unterlassungen können Strafen bis 100.000 Euro auslösen. In Italien beträgt das Bussenmaximum hingegen nur 50.000 Euro, in Österreich 25.000 Euro. Die EU fordert «Produkt-Identifikatoren», ohne diese zu definieren.

Die Bussentatbestände werden auf fünf Jahre verlängert und der Anwendungsbereich ausgeweitet, was zusätzliche Rechtsunsicherheit verursacht. Nicht nur die Hersteller, sondern auch die Händler werden in die Pflicht genommen. Jedes Unternehmen muss eine interne Risikoanalyse für die hergestellten Produkte erstellen und dokumentieren. Rückrufe von gefährlichen Produkten werden neu geregelt, und die Marktüberwachung wird verstärkt, was wohl wieder zusätzliche Staatsbedienstete und zusätzliche technische Ausrüstung bedeutet.

Wer sich mit der EU einlässt, muss damit rechnen, mit einer Gesetzesflut eingedeckt zu werden, denn die Brüsseler Zentrale will ihre Macht und die Zentralisierung mit einer massiven Ausweitung ihrer Rechtshoheit vorantreiben. Seit 1990 treten fast jedes Jahr über 2000 neue EU-Gesetzesakte in Kraft. Das sind pro Tag sechs neue Rechtsakte.

Insgesamt waren es seit 1990 fast 75.000, wobei 50.000 auf neue Basisgesetze und Verordnungen entfielen und weitere 25.000 auf Anhänge und Ergänzungen, die allerdings auch neue Gesetzesbestimmungen enthalten können. Gesetze, die zeitlich begrenzt waren und ausliefen oder aufgehoben wurden, stellen im Vergleich zur jährlichen Flut an neuen Vorschriften nur einen Bruchteil dar.

Die Gesetzgebung der EU ist breit verzettelt, unübersichtlich und teils intransparent. Im EU-Gesetzgebungsprozess gibt nicht das Parlament die Anstösse für neue Gesetzesakte, sondern die EU-Kommission unter Leitung der Präsidentin Ursula von der Leyen. Die Gesetzesentwürfe wandern zwischen Europäischem Parlament und dem Rat der EU-Staats- und Regierungschefs hin und her, wobei es je zu drei Lesungen kommt.

Aber die eigentliche Gesetzgebung wird durch unzählige Durchführungsverordnungen und -richtlinien ergänzt, für die nicht das Parlament, sondern die EU-Kommission und der Rat zuständig sind. Selbst die Europäische Zentralbank mischt bei der Gesetzgebung mit Richtlinien, Empfehlungen, Leitlinien und Stellungnahmen mit.

Viele Schweizer EU-Turbos glauben, dass die dynamische (automatische) Übernahme von Gesetzesänderungen der EU nur selten vorkommen würde. Sie könnten sich gewaltig irren, denn jedes neue EU-Gesetz muss überprüft werden, ob es auch die allfälligen Abkommen der Schweiz mit der EU betrifft. Dazu muss auch in der Schweiz eine neue Bürokratie aufgebaut werden, entweder bei den Unternehmen oder beim Staat. Solche neuen Jobs tragen kaum etwas zu unserem Wohlstand bei. Im Gegenteil. Sie belasten unsere Unternehmen und kosten viel Geld und Zeit.