Olaf Scholz ist ein Biedermann, der stets das Verbindende sucht. Er ist schlau, diszipliniert und so vertrauenswürdig, wie das ein Politiker nur sein kann, der stets das Gute will, aber ständig denen ausweichen muss, die ihn politisch ein Bein stellen wollen. Oder?

Möglicherweise ist Olaf Scholz auch nur ein Machtpolitiker. Einer, der im Amt bleiben will, solange er irgendwie kann. Der dafür Tricks und Tarnungen anwendet und der Wahrheit die lange Nase zeigt. Ein jetzt aufgetauchtes Dokument legt die zweite Version nahe.

Es geht um den grössten Steuerskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte, der den Namen Cum-Ex trägt und ein bisschen kompliziert ist, weswegen es auch inzwischen zehn Jahre braucht, bis die ersten Täter verurteilt sind. Im Prinzip geht es darum, dass sich meist reiche Menschen mit Hilfe von Banken noch reicher gemacht haben, in dem sie sich Steuern, die sie gar nicht gezahlt haben, vom Finanzamt erstatten liessen.

Als die Sache aufflog, mussten einige der Täter mehrstellige Millionenstrafen nachzahlen, Schweizer Bankiers waren auch darunter. Einige wanderte sogar hinter Gitter. Unter den Tätern war aber auch die Hamburger Privatbank Warburg, deren Chef sich hilfesuchend an den damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz wandte und prompt erst einmal nicht zahlen musste.

Der Kanzler hat deswegen bereits die Strafanzeige eines Linken-Bundestagsabgeordneten an der Backe, und ihn befallen im Untersuchungs-Ausschuss zu dem Thema regelmässig Gedächtnislücken. Er kann sich an Treffen nicht erinnern, die der fragliche Banker aber in seinem Tagebuch vermerkt hat.

Jetzt ist sogar ein Dokument aus dem Finanzministerium aufgetaucht, dem Scholz auch mal vorstand. Darin heisst es: Scholz habe sich «nicht zu dem Verfahren geäussert oder gar Handlungen in Aussicht gestellt». Scholz sei «seiner Linie für derartige Gespräche treu geblieben, sich die Sichtweise seines Gesprächspartners schildern zu lassen und gelegentliche Nachfragen zu stellen». Und weiter: «Scholz hat sich in den Gesprächen nicht näher verhalten und keine Zusagen oder eigene Einschätzungen in der Sache vorgenommen.»

Die Frage ist nun, warum das Ministerium offenbar von den Gesprächen und deren Verlauf wusste, sich der Kanzler aber nicht einmal erinnern kann.

Ist Scholz möglicherweise doch ein Bürgermeister gewesen, der Einfluss auf ein Steuerverfahren genommen und sich damit der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gemacht hat? Ist er ein Kanzler, der die Menschen, die ihn gewählt haben, täuscht?

Der Verdacht legt sich wie ein Spinnennetz um den Spitzenpolitiker. Seine Bewegungsfreiheit in dieser Sache wird immer kleiner.

Lange werden seine Gedächtnislücken ihm nicht mehr helfen.