Gestern Sonntag waren wir wandern. Auf dem Waldstätterweg von Vitznau nach Brunnen. Keine einzige Wolke am Himmel. Pittoresker geht nicht. Mehr Schweiz geht auch nicht. Entsprechend viele Wanderlustige waren auf demselben Pfad unterwegs wie wir. Auffällig: Gefühlt jeder zweite Wanderer oder Wanderin trug Sportschuhe der Marke On.
Auch das ein Grund zur Freude. Eine Schweizer Marke, die im Grosskampf mit internationalen Sportartikel-Giganten wie Adidas, Nike oder Under Armour bestehen kann. Man kommt nicht umhin zu denken: Was für ein schönes Land, was für eine Kreativität und Geschäftstüchtigkeit der hier lebenden Menschen.
Und am selben Sonntag liest man in einem Bericht der Sonntagszeitung, dass Kunden des Schweizer Online-Shops für dieselben Modelle bis zu 51 Prozent mehr bezahlen als ihre Nachbarn in Deutschland. Das ist mehr als stossend.
Aber noch viel ärgerlicher ist die Begründung der Pressestelle von On: «Höhere Löhne und Vertriebskosten in Schweizer Sportfachgeschäften führen zu höheren Preisen von Laufschuhen in der Schweiz.» Wie die Sonntagszeitung völlig richtig bemerkt, geht es hier nicht um Schweizer Sportartikel-Läden, sondern um den Schweizer Webshop. Zudem werden die Schuhe mehrheitlich in Billiglohnländern produziert. Herstellungs- und Vertriebskosten sowie Löhne sind also ziemlich irrelevant.
Es geht hier um Abschöpfung der höheren Kaufkraft der Schweizerinnen und Schweizer. Oder sollte man schreiben: Abschröpfung? Zur Einordnung: Ein iPhone kostet auf Sansibar (Jahreseinkommen zirka 2500 US-Dollar) genau gleich viel wie in der Schweiz. On-Turnschuhe jedoch sind in Deutschland bis zu 51 Prozent billiger.
Dass der Co-Verwaltungsratspräsident David Allemann in der SRF-Sendung «Gredig direkt» im Zuge des Bekanntwerdens der exorbitanten Löhne der On-Gründungsmitglieder (Durchschnitt: 16,6 Millionen Franken pro Jahr für leitende Mitglieder einer Firma, die Verlust schreibt) die Kritik an den Salären in die Nähe einer Neiddebatte um erfolgreiche Unternehmer bringt, schlägt dem Fass den Boden aus.
Es ist genau umgekehrt: Die in Zürich ansässige Firma On hat alle Vorschuss-Sympathien der Schweizerinnen und Schweizer, die man sich nur wünschen kann. Aber On ist im Begriff, sich diese zu verscherzen, weil sich die Schweizer von der Firma schlecht behandelt und von der Unternehmenskommunikation schlicht nicht ernst genommen fühlen.
Da hilft dann auch der Grossinvestor und Schweizer Säulenheilige Roger Federer bald nicht mehr viel. Oder die Firma selbst wird zum Problem für den betont sympathisch-bescheidenen Multi-Marken-Botschafter.
Aber vielleicht ist der überschaubare Schweizer Markt für das börsenkotierte Unternehmen auch einfach zu unwichtig.