Der Konjunkturabschwung ist inzwischen auch in den Elfenbeintürmen der deutschen Politik angekommen.

In zwei Wochen finden in Bayern und Hessen, wo zusammen 23,4 Prozent der Deutschen leben, Landtagswahlen statt. Dort stellt die CSU derzeit zusammen mit den «Freien Wählern» die Regierung. Aber die jüngsten Umfragewerte der CSU liegen mit 36 Prozent sogar unter dem historisch schlechtesten Wahlresultat von 37,2 Prozent im Jahr 2018.

Deshalb versucht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder nun im letzten Moment noch mit einem Konjunkturprogramm und aus Angst vor der AfD (17 Prozent) einer bundesweiten Plafonierung der Asylzuwanderung auf 200.000 Menschen zu punkten. Selbst er hat inzwischen erkannt, dass die Kommunen mit der Unterbringung und dem Bau von Schulen, Kitas und Wohnungen überfordert sind – zumal 2023 eine Rekordzuwanderung droht.

Söder hätte viele Jahre Zeit gehabt, die Sorgen der Kommunen ernst zu nehmen. Was unternahm er? Nichts. Deshalb werden seine Ankündigungen von vielen als plumpe Wahlkampfshow taxiert.

Nicht viel anders wird der im Schnellschussverfahren von der Union erarbeitete Fünf-Punkte-Plan beurteilt, der eine Steuerbefreiung von Überstunden, bessere Abschreibungsmöglichkeiten, einen Stopp neuer Gesetze und Bürokratie enthalten soll. CDU-Parteichef Friedrich Merz forderte zudem eine Senkung der Netzentgelte und der Stromsteuer, damit die Strompreise zum 1. Oktober sinken können.

Um ihren Wähleranteil-Einbruch aufzuhalten, fordern auch die Grünen noch rasch 30 Milliarden zusätzliche Fördergelder für energetische Sanierungen und den Sozialen Wohnungsbau. Ministerpräsident Söder will noch weiter gehen: Er will die Stromsteuer und Netzentgelte eliminieren, die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmitteln auf null senken und die Erbschaftssteuer aufs Elternhaus abschaffen. Er stellt sich gegen die Wiederanhebung der Gastronomiesteuer. Mit einem Wohnungsbauprogramm soll die Wohnungsnot gemildert werden. Sparen bei der Digitalisierung, wie auf Bundesebene geplant, findet er unsinnig.

Die FDP lehnt solchen kurzfristigen Staatsaktivismus ab. Deutschland benötige ein längerfristiges, strategisches Konzept, die Bürokratie abzubauen, niedrige Steuern und Impulse für private Investitionen. Der Budgetentwurf 2024 von FDP-Finanzminister Lindner lässt aber diesbezüglich wenig Optimismus zu, denn 66 Prozent der Ausgaben gehen in den Sozialbereich.

Wie soll ein Industrieland, bei dem nur 12 Prozent der Bundesausgaben in Investitionen gehen, je wieder aus der selbstverursachten Strukturkrise herauskommen?

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, warnt vor weiteren Subventionen und Steuersenkungen. Ein Konjunkturprogramm wäre kontraproduktiv, würde lediglich zu Mitnahmeeffekten führen und nichts an den strukturellen Problemen in Deutschland ändern. Der Grund für die Deindustrialisierung seien weder die hohen Energiepreise noch der Ukraine-Krieg, sondern das Verschlafen der ökologischen, wirtschaftlichen und digitalen Transformation in den vergangenen fünfzehn Jahren.

Dies zeigen auch fundierte Umfragen bei deutschen Unternehmen – wie jene des zweitgrössten Meinungsforschungsinstituts der Welt, der Kantar Public Group in London, die in 95 Ländern mit rund 28.000 Mitarbeitenden tätig ist. Die Mehrheit der Unternehmen hält den Standort Deutschland für «weniger attraktiv» (46 Prozent) oder «nicht attraktiv» (15 Prozent). Die schlechtesten Noten gab es für die Bereiche Energiepreise und -verfügbarkeit, Regulierung und Bürokratie sowie der Verfügbarkeit von Fachkräften.

Insgesamt plant eine Mehrheit der Unternehmen weiter zu wachsen. 55 Prozent wollen weitere Produktionskapazitäten auf- und ausbauen. Aber 26 Prozent erwägen Kapazitäten zu verlagern, und 22 Prozent wollen eine Konsolidierung ihrer Produktionsstandorte angehen. Dies gilt vor allem für grössere Firmen mit mehr als 1000 Beschäftigten. Jedes zweite befragte Unternehmen hält China für einen attraktiven Standort, acht Prozent erachten China jetzt und in den kommenden Jahren sogar für sehr attraktiv. Aber die China-Politik von Aussenministerin Annalena Baerbock steht dagegen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Panik bei der CSU: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder versucht mit Schnellschüssen im Bereich Asyl und Wirtschaft zu retten, was noch zu retten ist. Setzt er sich gegen «Freie Wähler» und die AfD durch?"
  • Ernemann7b

    Söder kann man nicht mehr trauen. Man denke nur an sein Verhalten während Corona. Natürlich sieht er seine Felle wegschwimmen. Man kann nur hoffen, daß die Bayern ihm einen Denkzettel verpassen. Die ganzen Altparteien taugen nix. Sie haben nur Angst ihre Pöstchen zu verlieren. Politik fürs Volk wird schon lange nicht mehr gemacht.

  • Buecherwurm

    Die Gütterdämmerung in Bayern hat eingesetzt. Wir müssen uns um Söder persönlich keine Gedanken mchen, seine Frau soll dem Vernehmen nach 30 Mio alleine durch Corona-Masken, wenn schon nicht "verdient", so doch wenigstens eingesackelt haben.

  • x

    Für Markus Söder sind nur drei Dinge wichtig: Söder, Söder und nochmals Söder. Darum ist er ein getriebener der Meinungsumfragen und der Medien. Erst hatte er die Chance gewittert, Aiwanger der Freien Wähler zurechtzustutzten, indem er auf die Diffamierungskampagne der Süddeutschen Zeitung einging. Als er aber gemerkt hatte, dass sich das in den Meinungsumfragen nicht auszahlt, wurde er wieder ganz still. Schade um die CSU. Die verlorenen Wählerstimmen wandern zu den Freien Wählen und zur AFD.