Bei einem aktuellen Auftritt von US-Reporterstar Tucker Carlson hat sich ein Journalist mit seinen inquisitorischen Fragen den falschen Gegner ausgesucht. Carlson erteilte ihm eine Lehrstunde in Sachen Berufsverständnis.

«Wenn Sie ein Journalist sind, ist es ihre Aufgabe die Macht im Namen der Machtlosen herauszufordern. Es ist nicht ihre Aufgabe, sich mit den Mächtigen gegen die Machtlosen zu verbinden», schmetterte ihm Carlson bei einer Veranstaltung in Australien an den Kopf.

Der Amerikaner, der selbst Journalist ist und mittlerweile dafür bekannt ist, allzu gefällige «Wahrheiten» grosser Medien grundlegend zu hinterfragen, sah sich scheinkritischen Fragen ausgesetzt. Die Vorgehensweise des Journalisten, der Carlson auseinanderzunehmen versuchte, ist erwartbar: Aus der «richtigen» Haltung Anklage und Standgericht in einem Zug abhalten.

Als der Journalist anmerkt, die Covid-Spritze habe «wahrscheinlich zig Millionen Leben gerettet», kontert Carlson, er komme sich vor wie in einer «Zeitkapsel». «Es ist, als wären Sie der letzte japanische Soldat auf Okinawa. Sie denken, der Krieg ist immer noch am Laufen.» Um anzufügen: «Nein, sie [die Impfung, Red.] hat nicht Millionen Leben gerettet!»

Natürlich kommt, was kommen muss: Der Journalist kritisiert Carlson für sein Interview mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Carlson nimmt die Angriffe mit einer Mischung aus Humor und Kopfschütteln auf. Und geht dann zum Gegenangriff über: Carlson sagt, Journalisten sollten sich erstmal auf ihr eigenes Land und die Kritik an den eigenen Politikern konzentrieren, bevor sie sich darüber echauffierten, ob jemand mit Putin sympathisiere.

Carlson zerlegt den Journalisten förmlich. Und das kann er, weil man ihm anmerkt: Er kennt den Journalismus. Carlson hat das «Spiel» durchschaut. Er weigert sich, gefällige Realitätsverzerrungen der Herrschenden zu Ukraine-Krieg und Corona wiederzukäuen.

Der fragenstellende Journalist hat versucht, Carlson zu packen. Und erhielt eine Lehrstunde: Ausserhalb der eigenen Sinnenklave kollidieren Märchen bisweilen mit der Realität.

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.