Am 13. September 2023 hat die EZB ihren Leitzins um ein weiteres Viertel auf 4,5 Prozent angehoben, obwohl die EU-Wirtschaft kränkelt. Anders die US-Notenbank, die ihre Zinspause am 20. September verlängerte und ihren Leitzins bei 5,5 Prozent beliess, obwohl die US-Wirtschaft nach Einschätzung des Vorsitzenden immer noch robust und der Arbeitsmarkt in guter Verfassung ist. Tags darauf, am 21. September, hat die SNB ebenfalls eine Zinspause angekündigt und den Leitzins von 1,75 Prozent nicht weiter erhöht.

Allein der Begriff Zinspause bedeutet eben keine Zinswende, sondern lediglich ein Abwarten, wie sich die Inflation und die Wirtschaft weiterentwickeln. Der Marschhalt zeigt aber auch, wie abhängig die SNB weiterhin von Zinsentscheiden im Ausland ist. Jede Leitzinserhöhung der SNB zieht neues Geld aus dem Ausland an. Damit setzt sich die Aufwertung des Frankens fort.

Bereits heute befindet sich der Euro-Kurs zum Franken praktisch auf dem historischen Tiefststand. Noch hat die innert Jahresfrist von 0,75 Prozent auf 2,75 Prozent ausgeweitete Zinsdifferenz zugunsten des Euro (Leitzinsen) einen weiteren Kursabsturz des Euros zum Franken verhindert. Aber die derzeitige Phase erinnert doch sehr an eine «Ruhe vor dem Sturm».

Die Franken-Aufwertung der letzten Wochen und Monate war wohl Teil der SNB-Politik, mit einer gezielten Aufwertung die Importteuerung zu drücken. Aufwertungen wirken bekanntlich rascher auf die Inflation als Zinserhöhungen, die oft erst mit einem bis zwei Jahren Verzögerung über eine Wirtschaftsabschwächung greifen. Es geht der SNB aber wohl nicht nur um das Wohl unserer Exportwirtschaft und den Tourismus. Eine weitere Franken-Aufwertung bedeutet auch Verluste auf den SNB-Kapitalanlagen, die im laufenden Jahr bis Juli bereits wieder im Minus liegen.

Wenn die SNB auch im laufenden Jahr wieder Verluste auf ihren Kapitalanlagen erleidet, wird die Kritik an der Führung wohl lauter werden. Zusammen mit dem Versagen in Bezug auf die makroökonomische Aufsicht über den Finanzsektor wird dann wohl auch der Ruf nach neuen Köpfen im Führungsgremium ertönen. Immer wieder hört man in Wirtschaftskreisen Kritik wegen der Realitätsfremde des SNB-Gremiums, denn von den sieben Direktoren und ihren Stellvertretern hat noch keiner je in einer verantwortungsvollen Position in der Privatwirtschaft gearbeitet, geschweige denn ein eigenes Unternehmen auf die Beine gestellt und erfolgreich geführt.

Die Zinspause ist eine Überraschung, weil Thomas Jordan (60), Präsident des SNB-Direktoriums, an der letzten Sitzung im Juni eine weitere Leitzinserhöhung angedeutet hatte. Dass die SNB glaubt, mit ihrer Geldpolitik hätte sie die Inflation ausgebremst, ist wohl eine Selbstüberschätzung. Das Gegenteil könnte bald der Fall sein, wenn die Hypothekarzinsen wegen der strafferen Zinspolitik der SNB weiter steigen und damit die Kostenmieten in die Höhe treiben. Dann würde die SNB zu einem Hauptverursacher der Inflation. Dies mag ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der SNB sein.

Auch die höheren Zinsen werden den derzeitigen Wiederanstieg der Energiekosten nicht verhindern, denn der Erdölpreis ist wegen Produktionskürzungen von Saudi-Arabien und anderen Ländern wieder angestiegen, was auch an den Tankstellen deutlich spürbar ist. Zudem wird es Anfang 2024 zu einem Inflationsschub wegen der Strompreiserhöhungen kommen. Und viele Unternehmen glauben, wegen der durch den Fachkräftemangel notwendigen Lohnerhöhungen hätten sie Nachholbedarf für Preiserhöhungen.

Die SNB erwartet für 2024 mit 1,9 Prozent dennoch lediglich eine Inflation innerhalb der Toleranzgrenze von maximal 2 Prozent. Deshalb sollte die Zinspause höchstens als temporäre Beruhigungspille und nicht als Sieg über die Inflation interpretiert werden.

Die 3 Top-Kommentare zu "«Ruhe vor dem Sturm»: Die Schweizerische Nationalbank kündigt eine Zinspause an. Der Leitzins wird nicht weiter erhöht. Was hat das zu bedeuten?"
  • corse36

    Zum Glück haben wir ja nur 1,6% Teuerung. den der Warenkorb ist schon so zusammengestellt, dass die wichtigen Dinge des Lebens entweder nicht vorkommen oder die Gewichtung marginal ist. Treibstoff +15%, Energie +25%, Lebensmittel +10%, KK 8% usw.usw.

  • rolf s

    Zinspause bis nach der Wahl.

  • hansj.

    Jordan hat einen Job, den ich nicht möchte. Wem kann er es denn recht machen? Das Problem: Das (weltweite) System ist krank und da helfen weder Pflästerlipolitik noch homöopathische Dosen. Ein Neuanfang (Reset) ist nötig und dafür braucht es erst den grossen Krieg. Wir sind auf besten Weg dorthin.