Ohne Medizinstudium im Rücken kann man feststellen: Beim Attentat auf Donald Trump lagen wenige Zentimeter zwischen Leben und Tod.

Die Onlineausgabe der Zeit sieht es weniger dramatisch. «Trump bei Angriff während Wahlkampfrede am Ohr verletzt», ist ein Videobeitrag betitelt.

Wer das liest, hat alle möglichen Bilder vor dem geistigen Auge. Aber kaum einen um ein Haar erfolgreichen Mordanschlag. Immerhin sind Ohren praktisch, aber nicht lebenswichtig.

Der Begleittext zum Video offenbart dann, dass die Redaktion der Zeit zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits wusste, was Sache war. Dort heisst es: Laut mehreren Berichten handle es sich «um einen Schusswaffenangriff».

Ginge es um einen anderen Politiker als um Trump, wäre sogar eine Schussabgabe, die ihr Ziel um Meilen verfehlt hat, als Mordanschlag gewertet worden. Ein lauter Knall hätte schon gereicht. Denn Zeitungen bauschen eher auf, als dass sie ein Ereignis herunterspielen.

Hier passierte das Gegenteil. Ein Schuss auf den Kopf eines Präsidentschaftskandidaten verfehlte nur durch Zufall sein Ziel, und hier klingt es, als hätte Trump eine Ohrfeige einer erbosten Oma kassiert.

Ein verletztes Ohr im Titel holt weit weniger Klicks auf Youtube als ein Mordanschlag. Was die Frage aufwirft: Warum verzichtet eine Zeitung freiwillig auf möglichst viel Publikum, indem sie ein Attentat verharmlost?